Veröffentlicht am März 11, 2024

Die Eliminierung von Leerfahrten und Wartezeiten ist keine Frage der perfekten Software, sondern der strategischen Kompetenz Ihrer Disponenten.

  • Lokales „Terroir-Wissen“ über Rampenzeiten, kantonale Gegebenheiten und inoffizielle Routen ist wertvoller als jeder Algorithmus.
  • Die Chauffeurverordnung (ARV 1) ist kein Hemmnis, sondern ein strategisches Planungsinstrument zur Effizienzsteigerung und Risikominimierung.

Empfehlung: Fördern Sie die Entwicklung Ihrer Disponenten von reinen Auftragsabwicklern zu unternehmerisch denkenden Entscheidungsträgern, die jede Tour als Chance zur Margenoptimierung begreifen.

Jeder Leiter einer Speditionsabteilung kennt den täglichen Druck: Die LKW müssen rollen, die Termine sind eng, die Margen knapp. Die reflexartige Reaktion auf Ineffizienzen wie Leerfahrten oder kostspielige Wartezeiten an der Rampe ist oft der Ruf nach neuer, besserer Software. Man investiert in Telematik, in Routenoptimierungs-Algorithmen und erwartet, dass die Probleme sich in Luft auflösen. Doch die Realität auf den Schweizer Strassen ist komplexer und die wirklich teuren Fehler passieren trotz – und manchmal wegen – der Technologie.

Die landläufige Meinung ist, dass ein guter Disponent vor allem ein Organisationstalent sein muss, das Aufträge effizient in ein System eintippt. Doch was, wenn der entscheidende Hebel zur Produktivitätssteigerung nicht in der Technologie, sondern im Menschen selbst liegt? Was, wenn die Fähigkeit, eine Leerfahrt zu vermeiden, weniger von der Software abhängt als vom über Jahre aufgebauten Beziehungsnetz des Disponenten zu Fahrern und Kunden? Die wahre Meisterschaft in der Disposition ist ein anspruchsvolles Handwerk, das weit über die reine Auftragsabwicklung hinausgeht.

Dieser Leitfaden bricht mit der Vorstellung, dass Technologie allein die Lösung ist. Er legt den Fokus auf die menschliche Kompetenz und die strategische Denkweise, die einen exzellenten Disponenten von einem blossen Sachbearbeiter unterscheiden. Wir werden beleuchten, wie tiefgreifendes lokales Wissen, die strategische Anwendung der ARV 1, psychologische Stärke in Krisensituationen und unternehmerisches Handeln die wahren Treiber für Effizienz und Profitabilität in der Schweizer Transportlogistik sind. Es ist an der Zeit, die entscheidende Rolle des Disponenten neu zu bewerten und gezielt zu fördern.

Der folgende Artikel ist als praxisorientierter Leitfaden für Führungskräfte konzipiert. Er bietet konkrete Einblicke und strategische Ansätze, um die Kompetenzen Ihrer Disponenten auf das nächste Level zu heben und so die Leistungsfähigkeit Ihrer gesamten Abteilung nachhaltig zu steigern.

Welche Fähigkeiten unterscheiden einen guten Disponenten von einem reinen Auftragsabwickler?

Ein Auftragsabwickler nimmt einen Transport an und teilt ihn einem Fahrzeug zu. Ein strategischer Disponent hingegen schafft Wert, wo vorher keiner war. Der entscheidende Unterschied liegt nicht im Organisationstalent – das ist die Grundvoraussetzung –, sondern in einer Kombination aus tiefem lokalem Wissen, unternehmerischem Denken und sozialen Fähigkeiten. Diese Kaderpersonen sind auf dem Schweizer Arbeitsmarkt besonders gefragt, da sie direkt die Profitabilität jeder einzelnen Fahrt beeinflussen. Ihre Kompetenz geht weit über die reine Bedienung einer Software hinaus.

Der wohl wichtigste, aber am meisten unterschätzte Faktor ist das, was man als „logistisches Terroir-Wissen“ bezeichnen könnte. Das ist die Kenntnis der spezifischen Rampenzeiten bei grossen Verteilzentralen, das Wissen um kantonale Feiertage, die den Verkehr beeinflussen, oder die Kenntnis alternativer Routen bei den notorischen Staus am Gotthard. Dieses Wissen steht in keinem digitalen Kartenwerk und erlaubt es einem Top-Disponenten, realistische Zeitfenster zu planen und proaktiv Engpässe zu umgehen. Es ist die Fähigkeit, die Theorie der digitalen Karte mit der Realität der Schweizer Geografie und Infrastruktur abzugleichen.

Zusätzlich ist ein exzellenter Disponent ein Netzwerker. Er pflegt ein starkes soziales Kapital mit seinen Fahrern und den Ansprechpartnern beim Kunden. Diese Beziehung ist in Krisensituationen pures Gold. Wenn eine unvorhergesehene Verzögerung eintritt, kann er dank dieses Vertrauensverhältnisses flexible Lösungen aushandeln, die ein reiner Auftragsabwickler niemals erreichen würde. Er denkt unternehmerisch, betrachtet jede Tour als eigene kleine Gewinn- und Verlustrechnung und sucht aktiv nach profitablen Rückladungen, insbesondere auf den Hauptachsen wie Genf-Zürich, um Leerfahrten zu minimieren.

Wie plant man effizient unter strenger Einhaltung der ARV 1 (Chauffeurverordnung)?

Die Arbeits- und Ruhezeitverordnung (ARV 1) wird oft als lästiges Korsett wahrgenommen, das die Flexibilität einschränkt. Ein strategischer Disponent betrachtet sie jedoch als festen Rahmen, innerhalb dessen die maximale Effizienz erreicht werden muss. Die Verordnung ist kein Hindernis, sondern ein Planungsparameter. Bei der Komplexität des Schweizer Marktes, wo ein Unternehmen wie MGB Logistik Transport täglich rund 600 Destinationen anfährt, ist die proaktive Integration der ARV 1 in die Tourenplanung kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, um Bussen und gefährliche Übermüdung zu vermeiden.

Effiziente ARV-konforme Planung beginnt nicht erst bei der Zuteilung der Tour, sondern bereits bei der Annahme des Auftrags. Ein erfahrener Disponent weiss, dass er für typische Verzögerungspunkte wie den Gotthard- oder San-Bernardino-Tunnel grosszügige Zeitpuffer von 15-20% einplanen muss. Er verlässt sich nicht blind auf die von der Software errechnete Fahrzeit, sondern kombiniert diese mit seinem Erfahrungswissen. Dieser Puffer dient nicht nur der Pünktlichkeit, sondern stellt auch sicher, dass unvorhergesehene Wartezeiten nicht sofort zu einer Verletzung der Lenkzeiten führen.

Der Einsatz moderner Telematik-Systeme ist hierbei unerlässlich. Sie ermöglichen es, die verbleibenden Lenk- und Ruhezeiten jedes Fahrers in Echtzeit zu überwachen. Anstatt bei einer drohenden Überschreitung in Panik zu geraten, kann der Disponent vorausschauend handeln. Er kann sichere und geeignete Parkplätze für die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen identifizieren und den Fahrer proaktiv anweisen. Diese nachweislich konforme und vorausschauende Planung wird so von einer reinen Pflichtübung zu einem Qualitätsmerkmal und Verkaufsargument gegenüber dem Kunden, das Zuverlässigkeit und Professionalität demonstriert.

Nahaufnahme eines Fahrtenschreibers mit verschwommenen Schweizer Bergpässen im Hintergrund

Die Kunst besteht darin, die unvermeidlichen Pausen so in die Route zu integrieren, dass sie mit Lade- oder Entladezeiten zusammenfallen oder an Orten stattfinden, von denen aus die Weiterfahrt optimal getaktet werden kann. So wird die ARV 1 vom gefühlten Bremsklotz zum Taktgeber einer effizienten und sicheren Logistikkette.

Telefon vs. Telematik: Wie kommunizieren Sie Änderungen in Echtzeit an den Fahrer?

Die Kommunikation zwischen Disposition und Fahrer ist die Nervenbahn jedes Transportunternehmens. In der Schweiz hat sich ein Hybrid-Ansatz als überlegen erwiesen, der die Effizienz digitaler Systeme mit der Unverzichtbarkeit des persönlichen Kontakts verbindet. Die Frage ist nicht „entweder/oder“, sondern „wann welches Werkzeug“. Reine Telematik ist unpersönlich, reine Telefonie ineffizient und nicht rechtssicher dokumentiert. Die Exzellenz liegt in der situationsgerechten Wahl des Kanals.

Faktische, unkritische Informationen wie Adressänderungen, neue Zeitfenster oder Standardanweisungen gehören in das Telematik-System. Wie MGB Logistik Transport beschreibt, werden hierbei Systeme wie CADIS genutzt. Ein entscheidender Vorteil: Die Kommunikation ist automatisiert, zeitgestempelt und rechtssicher dokumentiert. Dies schützt sowohl den Fahrer als auch das Unternehmen bei späteren Unklarheiten.

Das Camion-Dispositions- und Informationssystem (CADIS) sendet Transportaufträge direkt in die Fahrerkabine und informiert über kurzfristige Änderungen. Dank GPS wissen die Disponenten stets, wo sich ein Fahrzeug gerade befindet.

– MGB Logistik Transport, Unternehmenswebsite

Sobald jedoch eine Situation heikel wird, ist der Griff zum Telefon unerlässlich. Ein unzufriedener Kunde, ein unvorhergesehenes Problem an der Laderampe, ein Sonderwunsch, der Fingerspitzengefühl erfordert – all dies lässt sich nicht über eine Textnachricht klären. Der persönliche Dialog ermöglicht es dem Disponenten, den Kontext zu vermitteln, Empathie zu zeigen und gemeinsam mit dem Fahrer eine Lösung zu finden. Diese persönliche Note ist ein zentraler Bestandteil der hochwertigen Schweizer Dienstleistungskultur und kann den Unterschied zwischen einem verlorenen und einem loyalen Kunden ausmachen.

Der folgende Vergleich zeigt deutlich, wie die Kanäle sich ergänzen:

Vergleich der Kommunikationskanäle in der Schweizer Transportlogistik
Kanal Vorteile Nachteile Beste Anwendung
Telematik/CADIS Automatisiert, dokumentiert, rechtssicher Unpersönlich, kein Dialog Faktische Informationen (Adressen, Zeitfenster)
Telefon Persönlich, Dialog möglich, Kontext vermittelbar Nicht automatisch dokumentiert Heikle Kunden, Sonderwünsche
Hybrid-Ansatz Kombiniert beide Vorteile Höherer Koordinationsaufwand Schweizer Dienstleistungskultur

Das Dilemma des Disponenten: LKW voll machen oder Termin halten?

Es ist das klassische Dilemma, das jeder Disponent fast täglich erlebt: Ein LKW ist nur zu 80% ausgelastet, aber die pünktliche Abfahrt ist kritisch für einen A-Kunden. Soll man auf eine potenziell profitable Teilladung warten und eine Vertragsstrafe oder den Unmut des Kunden riskieren? Oder soll man den LKW mit einer schlechteren Marge losschicken, um den Termin zu halten? Hier gibt es keine einfache Antwort. Die Fähigkeit, in dieser Situation eine fundierte, unternehmerische Entscheidung zu treffen, ist ein Kernmerkmal eines Top-Disponenten.

Die Lösung liegt nicht im Bauchgefühl, sondern in einem strukturierten Entscheidungsprozess. Anstatt zu improvisieren, sollte jeder Disponent eine klare, nachvollziehbare Methodik anwenden. Diese Vorgehensweise minimiert nicht nur das Risiko von Fehlentscheidungen, sondern macht die Logik auch für das Management und für spätere Analysen transparent. Flexibilität in der Transportlogistik, wie sie etwa für die Just-in-Sequence-Anforderungen der Schweizer Uhrenindustrie benötigt wird, erfordert solche dynamischen, aber strukturierten Entscheidungsprozesse.

Ein reiner Auftragsabwickler wird entweder stur den Termin halten oder auf die volle Auslastung pochen. Ein strategischer Disponent hingegen wägt systematisch ab. Er bewertet den Kunden nach seiner strategischen Bedeutung, kalkuliert die potenziellen Vertragsstrafen bei Lieferverzug im Vergleich zum Margenverlust bei einer Teilbeladung und analysiert die Auswirkungen einer Verspätung auf die kritischen Folgetouren. Der wichtigste Schritt ist jedoch die proaktive Kommunikation: Er ruft den Kunden an und präsentiert ihm die Optionen, um eine gemeinsame Entscheidung zu treffen. Dies verwandelt ein Problem in eine Geste der Partnerschaftlichkeit.

Ihre Entscheidungsmatrix für das Auslastungsdilemma

  1. Kundenwert bewerten: Führen Sie eine A-B-C-Klassifizierung nach Umsatz und strategischer Bedeutung durch. Ein Termin für einen A-Kunden hat immer Vorrang.
  2. Kosten kalkulieren: Stellen Sie die Kosten bei Lieferverzug (Vertragsstrafen) dem Margenverlust bei einer Teilbeladung gegenüber. Welche Entscheidung ist wirtschaftlich sinnvoller?
  3. Folgetouren analysieren: Prüfen Sie die Auswirkungen einer Verspätung auf die nachfolgenden Aufträge des Tages. Löst eine kleine Verzögerung eine Kettenreaktion aus?
  4. Proaktiv kommunizieren: Besprechen Sie die Optionen mit dem Kunden. Fragen Sie, was für ihn Priorität hat: eine pünktliche Lieferung von 80% der Ware oder eine spätere Lieferung von 100%?
  5. Entscheidung dokumentieren: Halten Sie die getroffene Entscheidung und ihre Begründung fest. Dies dient der Nachvollziehbarkeit und hilft, Muster für zukünftige Optimierungen zu erkennen.

Wie behalten Disponenten an Tagen mit Fahrzeugausfällen einen kühlen Kopf?

Ein Anruf, der den Puls jedes Disponenten in die Höhe treibt: „Chef, der LKW steht. Panne auf der A1.“ An Tagen wie diesen zeigt sich der wahre Charakter eines Disponenten. Während der eine in Hektik und Stress versinkt, aktiviert der Profi ein einstudiertes Protokoll. Die Fähigkeit, in einer Krisensituation nicht nur zu reagieren, sondern systematisch und ruhig zu agieren, ist psychologische Resilienz in Reinform. Es ist eine trainierbare Fähigkeit, die den Unterschied zwischen einem kontrollierten Zwischenfall und einem ausgewachsenen Chaos ausmacht.

Der erste und wichtigste Schritt ist, die Emotionen aus der Gleichung zu nehmen. Ein guter Disponent beruhigt zuerst den Fahrer, stellt dessen Sicherheit sicher und erfasst dann strukturiert die Fakten: genauer Standort, Art des Problems, Zustand der Ladung. Diese anfängliche Ruhephase ist entscheidend, um die Situation korrekt einzuschätzen und keine überstürzten Fehlentscheidungen zu treffen. Erst danach beginnt die eigentliche Triage, ähnlich wie in einer Notaufnahme.

Disponent am Arbeitsplatz während einer Krisensituation mit mehreren Kommunikationsgeräten

Die Priorisierung erfolgt nach Dringlichkeit. Handelt es sich um leicht verderbliche Ware oder eine kritische Just-in-Time-Lieferung für ein Produktionsband? Diese Aufträge haben absolute Priorität. Parallel dazu wird der Kunde proaktiv und ehrlich informiert. Nichts schädigt eine Kundenbeziehung mehr als Ungewissheit. Eine realistische Einschätzung der neuen Lieferzeit, auch wenn sie unangenehm ist, schafft Vertrauen. Erst dann werden Ersatzlösungen aktiviert: Kann eine Partner-Spedition einspringen? Kann ein anderes Fahrzeug aus der eigenen Flotte die Tour übernehmen? Jede Entscheidung und jeder Schritt werden dokumentiert, um später die Ursache zu analysieren und präventive Massnahmen im Flottenmanagement zu ergreifen.

Dieses Vorgehen nach einem klaren Triage-Protokoll entlastet den Disponenten mental, da er nicht bei null anfangen muss, sondern einem bewährten Plan folgt. Es wandelt unkontrollierbaren Stress in eine beherrschbare, wenn auch anspruchsvolle Aufgabe um.

Wie der Aussendienst auf dem Tablet sieht, was wirklich lieferbar ist

Die Effizienz der Disposition endet nicht an der Bürotür. Sie hat direkte Auswirkungen auf den Vertrieb und die Kundenzufriedenheit. Ein typisches Problem in vielen KMU: Der Aussendienstmitarbeiter verspricht dem Kunden eine Lieferung für morgen, ohne zu wissen, dass die Ware gar nicht an Lager ist oder die Transportkapazitäten bereits voll ausgelastet sind. Das Ergebnis sind enttäuschte Kunden, hektische Umplanungen und ein ramponiertes Image. Die Lösung liegt in der Echtzeit-Synchronisation von Bestands- und Dispositionsdaten mit den Werkzeugen des Aussendienstes.

In der Schweiz, wo laut Bundesamt für Statistik über 99% aller Unternehmen KMU sind, ist dieser Aspekt von enormer Bedeutung. Die Vielfalt dieser Unternehmen, vom kleinen Handwerksbetrieb bis zum hochspezialisierten Maschinenbauer, erfordert flexible digitale Lösungen. Ein moderner Aussendienstmitarbeiter muss auf seinem Tablet nicht nur den Produktkatalog, sondern auch den live-geprüften, tatsächlich verfügbaren Lagerbestand und die freien Lieferkapazitäten sehen können.

Diese Transparenz schafft einen entscheidenden Verkaufsvorteil. Anstatt vage Zusagen zu machen, kann der Verkäufer dem Kunden eine verbindliche und realistische Lieferzusage geben. Er kann sehen: „Artikel A ist verfügbar, unsere Disposition hat für morgen noch ein Zeitfenster für Ihre Region frei. Ich kann Ihnen die Lieferung für morgen zwischen 10 und 12 Uhr verbindlich zusagen.“ Diese Form der Zuverlässigkeit ist ein unschätzbarer Wettbewerbsvorteil. Sie verhindert interne Reibungsverluste zwischen Vertrieb und Logistik und stärkt das Vertrauen des Kunden in das Unternehmen.

Die technische Umsetzung erfordert ein integriertes System, in dem das Warenwirtschaftssystem (ERP), das Lagerverwaltungssystem (WMS) und die Dispositionssoftware (TMS) nahtlos miteinander kommunizieren. Die Daten müssen in Echtzeit fliessen, damit der Bestand auf dem Tablet des Verkäufers exakt dem physischen Bestand im Lager entspricht. Nur so wird das Tablet von einem reinen Präsentationswerkzeug zu einem mächtigen Instrument für verbindliche Geschäftsabschlüsse.

Manuell vs. Algorithmus: Wie viel Treibstoff spart eine KI-gestützte Routenplanung wirklich?

Die Debatte „menschliche Erfahrung gegen künstliche Intelligenz“ ist in der Disposition allgegenwärtig. Während das „Terroir-Wissen“ des Disponenten unersetzlich bleibt, bieten KI-gestützte Routenplanungssysteme messbare Vorteile bei der Optimierung von Standardrouten. Die Frage für einen Speditionsleiter ist nicht, ob er auf KI setzen soll, sondern wie er sie intelligent einsetzt, um seinen erfahrenen Disponenten die Freiheit für strategischere Aufgaben zu geben. Die Einsparungen sind dabei erheblich und gehen weit über den reinen Treibstoffverbrauch hinaus.

Eine KI-Software kann in Minuten Tausende von Variablen verarbeiten, die ein Mensch niemals gleichzeitig berücksichtigen könnte: aktuelle Verkehrslage, Topografie der Strecke (Steigungen), Fahrzeugtyp, Gewicht der Ladung und spezifische Zeitfenster. Dadurch werden Routen nicht nur kürzer, sondern vor allem energieeffizienter. Grosse Schweizer Unternehmen wie die Migros, die bis 2030 ganze 70 Prozent weniger CO2 im Strassentransport ausstossen will, setzen massiv auf solche Technologien, um ihre ambitionierten Klimaziele zu erreichen. Für KMU bedeutet dies vor allem eine direkte Kostenreduktion.

Die Potenziale sind beeindruckend, wie ein direkter Vergleich zeigt:

Vergleich manuelle vs. KI-gestützte Routenplanung für Schweizer Nationalrouten
Kriterium Manuelle Planung KI-gestützte Planung Einsparungspotenzial
Treibstoffverbrauch Baseline Optimiert nach Topografie und Verkehr 10-15%
Fahrzeugauslastung 60-70% 85-95% 20-25% mehr Effizienz
Leerfahrten 25-30% 10-15% 50% Reduktion
Planungszeit 2-3 Stunden täglich 15-30 Minuten 85% Zeitersparnis

Der grösste strategische Vorteil liegt jedoch in der gewonnenen Zeit. Wenn die KI die zeitraubende Standard-Routenplanung übernimmt, hat der Disponent den Kopf frei für wertschöpfende Tätigkeiten: die Akquise von Rückladungen, die Pflege von Kundenbeziehungen oder das Management von komplexen Sonderfällen. Die KI ist somit kein Ersatz für den Disponenten, sondern sein leistungsfähigster Assistent. Er entlastet ihn von repetitiven Aufgaben und ermöglicht ihm, sich auf das zu konzentrieren, was keine Maschine kann: unternehmerisch und strategisch zu denken.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Top-Disponent ist ein strategischer Wertschöpfer, dessen lokales Wissen und soziales Kapital durch keine Software ersetzt werden können.
  • Die ARV 1 und andere regulatorische Rahmenbedingungen sind keine Hindernisse, sondern strategische Planungsparameter zur Risikominimierung und Effizienzsteigerung.
  • Technologie (Telematik, KI) ist ein unverzichtbares Werkzeug, das den Disponenten von repetitiven Aufgaben entlastet, damit er sich auf komplexe, wertschöpfende Entscheidungen konzentrieren kann.

Weg vom Excel-Chaos: Warum eine digitale Bestandsführung für KMU überlebenswichtig ist

In vielen Schweizer KMU ist die Excel-Tabelle immer noch das zentrale Werkzeug der Bestandsführung – ein Symbol für scheinbare Kontrolle, das in Wahrheit ein enormes betriebswirtschaftliches Risiko darstellt. Fehlende Echtzeit-Daten, manuelle Übertragungsfehler und mangelnde Integration führen nicht nur zu Ineffizienzen in der Disposition, sondern können die finanzielle Stabilität des gesamten Unternehmens gefährden. Für die insgesamt rund 607’820 KMU in der Schweiz ist der Abschied vom Excel-Chaos keine Frage der Modernisierung, sondern des Überlebens.

Eine ungenaue Bestandsführung hat direkte und kostspielige Folgen: Es werden Waren verkauft, die nicht lieferbar sind, was zu Konventionalstrafen bei grossen Detailhändlern führen kann. LKW werden mit Teilladungen losgeschickt, weil der Disponent nicht wusste, dass weitere passende Ware im Lager bereitstand. Die Suche nach Artikeln im Lager kostet wertvolle Zeit und verzögert die Abfahrt. All diese kleinen, täglichen Reibungsverluste summieren sich zu einem erheblichen Kostenfaktor, der die knappen Margen aufzehrt.

Der strategisch wichtigste Punkt geht jedoch über die operative Effizienz hinaus und betrifft die finanzielle Gesundheit. Eine unzuverlässige Bestandsführung macht eine exakte Liquiditätsplanung unmöglich. Das im Lager gebundene Kapital ist „totes Kapital“, und wenn der Überblick darüber fehlt, können schnell Liquiditätsengpässe entstehen. Dies ist besonders kritisch in der Schweiz, wo viele KMU eine hohe Abhängigkeit von ihrer Hausbank haben. Wie eine Analyse zeigt, kann eine mangelnde Transparenz über die eigenen Bestände und die daraus resultierende unsichere Finanzplanung die Beziehung zur finanzierenden Bank stark belasten und die Kreditwürdigkeit untergraben. Eine exakte, digitale Bestandsführung ist somit ein entscheidendes Instrument für das Risikomanagement und die Sicherung der Unternehmensfinanzierung.

Der Umstieg auf ein integriertes Warenwirtschaftssystem, das Lager, Disposition und Buchhaltung in Echtzeit vernetzt, ist daher eine Investition in die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Es schafft die Transparenz, die notwendig ist, um nicht nur den Warenfluss, sondern auch den Cashflow präzise zu steuern.

Beginnen Sie noch heute damit, Ihre Disponenten von reinen Auftragsabwicklern zu strategischen Wertschöpfern zu entwickeln. Die Werkzeuge und Denkweisen dafür liegen nun vor Ihnen. Implementieren Sie diese Prinzipien, um nicht nur Kosten zu senken, sondern die Resilienz und Profitabilität Ihres Unternehmens nachhaltig zu stärken.

Geschrieben von Reto Gerber, Erfahrener Transportleiter und Disponent für nationale Schwer- und Spezialtransporte. Spezialist für Alpenquerungen und Routenplanung.