Veröffentlicht am März 11, 2024

FTL ist für Schweizer Produktionsbetriebe weniger eine Transportart als ein Werkzeug zur Prozessoptimierung, das direkt in die Wertschöpfungskette eingreift.

  • Der finanzielle Kipppunkt gegenüber Stückgut wird oft schon bei 10-14 Paletten erreicht, wenn man alle versteckten Kosten einberechnet.
  • Direktverkehre eliminieren das Umschlagrisiko (Schaden, Diebstahl) und sind für hochwertige oder fragile Schweizer Güter strategisch alternativlos.

Empfehlung: Die grössten Effizienzgewinne und Kostensenkungen liegen nicht in der reinen Preisverhandlung, sondern in der proaktiven Vermeidung von Wartezeiten an der Rampe und der intelligenten Routenplanung durch die Alpen.

Für einen Produktionsleiter mit hohem Output ist die Logistik der letzte, aber entscheidende Taktgeber der gesamten Wertschöpfungskette. Jeden Tag stapeln sich die fertigen Paletten, bereit für den Versand, und der Druck, die Ware schnell, sicher und kosteneffizient zum Kunden zu bringen, ist immens. Die Diskussion dreht sich dabei oft um die vermeintlich einfache Wahl zwischen Stückgutversand (LTL) für kleinere Mengen und Komplettladungen (FTL) für grosse Volumen. Doch diese Sichtweise greift zu kurz und ignoriert die strategische Tiefe, die insbesondere der FTL-Transport im anspruchsvollen Schweizer Umfeld bietet.

Die wahre Frage ist nicht „FTL oder Stückgut?“, sondern: „Wie integriere ich FTL als festen Taktgeber in meine Produktionskette, um Kosten zu senken, Risiken zu minimieren und die Liefersicherheit zu maximieren?“ Es geht um die präzise Analyse des Break-Even-Punktes, die Absicherung gegen die spezifischen Risiken des Transports von hochwertigen Gütern und die intelligente Navigation durch die Nadelöhre der Schweizer Infrastruktur, von den Alpentransversalen bis zu den Grenzübergängen. Dieser Artikel beleuchtet die operativen und strategischen Hebel, die FTL von einem reinen Kostenfaktor zu einem messbaren Wettbewerbsvorteil für Ihr Unternehmen machen.

Dieser Leitfaden ist darauf ausgelegt, Ihnen die entscheidenden Daten und strategischen Überlegungen an die Hand zu geben. Von der Kostenkalkulation über die Risikobewertung bis hin zur operativen Exzellenz an der Rampe und auf der Route werden alle kritischen Aspekte des FTL-Managements für Schweizer Unternehmen beleuchtet.

Inhaltsverzeichnis: FTL-Strategien für Schweizer Produktionsleiter

Warum ist FTL die einzige Option für diebstahlgefährdete oder fragile Ware?

Für einen Produktionsleiter ist die Unversehrtheit der Ware bis zum Eintreffen beim Kunden keine Option, sondern eine Grundvoraussetzung. Beim Stückgutversand (LTL) wird eine Sendung mehrfach umgeschlagen – vom Abhol-LKW ins regionale HUB, von dort in den Fernverkehr, dann ins Ziel-HUB und schliesslich auf den Zustell-LKW. Jeder dieser Umschlagpunkte ist ein potenzielles Risiko für Beschädigung, Fehlleitung oder Diebstahl. Bei FTL (Full Truck Load) entfällt dieses Risiko vollständig. Der LKW wird an Ihrer Rampe beladen, versiegelt und fährt ohne Zwischenstopp direkt zum Empfänger. Dieser geschlossene Transportprozess ist der stärkste Schutz für Ihre Güter.

Gerade für hochwertige Schweizer Produkte wie Uhren, Pharmazeutika oder Präzisionsteile ist dieser Sicherheitsaspekt nicht verhandelbar. Die ungeteilte Haftung und die lückenlose Nachverfolgbarkeit einer Komplettladung minimieren das Versicherungsrisiko und den administrativen Aufwand im Schadensfall drastisch. Daten aus der Praxis untermauern dies eindrucksvoll: Eine Analyse von Tausenden Transporten zeigt, dass laut Daten der LOG Group Schweiz eine pünktliche und schadensfreie Zustellung bei 98,8% von 45.000 FTL-Transporten im Jahr 2024 erreicht wurde. Dieser Wert ist im Stückgutverkehr aufgrund der vielen Schnittstellen systembedingt nicht realisierbar.

Fallstudie: Sicherheitsmaximierung durch AEO-Zertifizierung und Direktverkehre

Die TISA AG zeigt als AEO-zertifizierter Spediteur, wie die Kombination aus FTL und optimierten Zollprozessen die Sicherheit maximiert. Durch den Status als zugelassener Empfänger/Versender erfolgt die Verzollung direkt im eigenen HUB oder Grenzbüro, wodurch Wartezeiten an der Grenze und mehrfache Kontrollen entfallen. Der exklusive Einsatz eines plombierten LKWs mit GPS-Überwachung schafft so eine lückenlose Sicherheitskette, die für den Transport von Schweizer Qualitätsgütern unerlässlich ist.

Plombierte Trailer mit GPS-Überwachung für sichere FTL-Transporte

Die visuelle Versiegelung des Trailers ist mehr als nur ein Symbol. Sie ist die physische Garantie dafür, dass Ihre Ware vom Verladen bis zum Entladen unberührt bleibt. In Kombination mit GPS-Tracking entsteht eine transparente und kontrollierbare Lieferkette, die den Anforderungen von Hochwertgütern gerecht wird.

Ab wie vielen Paletten ist ein eigener LKW günstiger als die Stückgut-Abrechnung?

Die häufigste Frage bei der Wahl zwischen FTL und LTL ist die nach dem finanziellen Kipppunkt. Eine pauschale Antwort ist irreführend, da der wahre Break-Even-Point von mehr als nur dem reinen Frachtpreis abhängt. Als Produktionsleiter müssen Sie eine Vollkostenrechnung anstellen, die auch versteckte Kosten des Stückgutverkehrs berücksichtigt: höhere Versicherungsprämien aufgrund des Schadenrisikos, Kosten für robustere Verpackungen, administrativer Aufwand für die Nachverfolgung Teilsendungen und potenzielle Pufferlagerkosten durch unzuverlässigere Laufzeiten.

In der Regel beginnt der Übergangsbereich bei etwa 5 Paletten oder 10 Lademetern. Ab einer Grösse von 10-14 Paletten ist ein dedizierter LKW in den meisten Fällen nicht nur sicherer und schneller, sondern auch kostengünstiger als die Abrechnung der einzelnen Paletten im Sammelgutsystem. Dies gilt insbesondere für leichte, aber voluminöse Güter, bei denen der Platz (Lademeter) und nicht das Gewicht der limitierende Faktor ist.

Die folgende Tabelle gibt eine klare Orientierung, wie die Ladungsgrösse die optimale Transportart bestimmt, basierend auf einer vergleichenden Analyse von Transportstrukturen.

Break-Even-Analyse FTL vs. LTL in der Schweiz
Ladungsgröße Transportart Charakteristik Empfehlung
Bis 5 Paletten Sammelgut/LTL Günstigste Lösung, längere Laufzeit durch HUB-Stopps Optimal für nicht zeitkritische Sendungen
Ab 5 Paletten / 10 Lademeter Teilladung Übergangsbereich, individuelle Kalkulation nötig Abhängig von Route und Urgency
Ab 10-14 Paletten FTL Exklusiver LKW, direkte Route, keine Zwischenstopps Beste Option für Geschwindigkeit und Sicherheit

Ihr Plan zur FTL-Kostenkalkulation

  1. Basis-Palettenkosten ermitteln: Vergleichen Sie die LTL-Tarife grosser Schweizer Anbieter für Ihre typische Route und Sendungsgrösse.
  2. LSVA einkalkulieren: Berücksichtigen Sie die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe, die in der Schweiz je nach Fahrzeugklasse zwischen 2.28 und 3.45 Rappen pro Tonnenkilometer beträgt und in FTL-Raten oft transparenter ausgewiesen wird.
  3. Versteckte LTL-Kosten addieren: Kalkulieren Sie eine durchschnittliche Schadensquote, den Aufwand für Reklamationsbearbeitung und eventuelle Kosten für Pufferlager aufgrund ungenauer Lieferzeiten.
  4. Saisonale Faktoren berücksichtigen: Beachten Sie, dass sich vor Feiertagen wie Weihnachten oder bei Alpentransit-Sperrungen der Break-Even-Point durch steigende LTL-Preise stark zugunsten von FTL verschiebt.
  5. Volumen-Gewicht-Verhältnis prüfen: Analysieren Sie, ob Ihre Fracht nach Gewicht oder nach Lademetern abgerechnet wird. Bei leichten, voluminösen Gütern ist der „Lademeter“ oft der entscheidende Kostenfaktor, der FTL schneller rentabel macht.

Wie reduzieren Sie die Kosten Ihrer FTL durch intelligente Backhaul-Strategien?

Die grösste Ineffizienz im Strassengüterverkehr sind Leerfahrten. Ein LKW, der Ihre Ware von Zürich nach Genf liefert und leer zurückfährt, verursacht doppelte Kosten pro transportierter Einheit. Die Kunst der Kostenreduktion bei FTL liegt daher in der intelligenten Organisation von Rückladungen, auch bekannt als Backhauling oder Rundlauf-Optimierung. Anstatt nur einen Oneway-Transport zu buchen, arbeiten strategische Logistikpartner daran, für die Rückfahrt eine passende Ladung zu finden. Dies reduziert die Leerkilometer und ermöglicht es dem Spediteur, Ihnen einen deutlich günstigeren Gesamtpreis anzubieten.

Moderne Logistik-Dienstleister nutzen dafür datengestützte Analysen, um Kunden mit komplementären Transportströmen zu vernetzen. Wenn Ihr Unternehmen regelmässig von A nach B liefert, sucht der Spediteur proaktiv nach einem Unternehmen, das von B nach A transportieren muss. So entstehen künstliche, aber hocheffiziente Rundläufe. Die Digitalisierung spielt hier eine entscheidende Rolle, da sie durch digitale Frachtenbörsen eine Echtzeitvermittlung von Laderaum und Fracht ermöglicht und so Leerfahrten signifikant reduziert.

Fallstudie: Rundlauf-Optimierung bei Elsen Logistics

Elsen Logistics demonstriert, wie durch die systematische Analyse von Transportdaten gezielt Kunden mit entgegengesetzten Warenströmen identifiziert werden. Durch die Schaffung solcher künstlicher Rundläufe wird die Fahrzeugauslastung maximiert und die Anzahl der Leerkilometer drastisch gesenkt. Diese Strategie ermöglicht es, den Kunden konsistent wettbewerbsfähige Preise anzubieten und gleichzeitig die eigene Profitabilität sowie die ökologische Effizienz zu steigern.

Als Produktionsleiter sollten Sie bei der Wahl Ihres Logistikpartners gezielt nach dessen Backhaul-Strategien fragen. Ein Partner, der aktiv Rundläufe plant und in digitale Plattformen investiert, wird Ihnen langfristig immer einen besseren Preis anbieten können als ein reiner Frachtvermittler. Die Reduzierung von Leerkilometern ist nicht nur ein Kosten-, sondern auch ein wichtiger Nachhaltigkeitsfaktor.

Das teure Risiko langer Wartezeiten an der Rampe: Wie optimieren Sie die Entladung?

Ein FTL-Transport ist nur so schnell wie sein schwächstes Glied – und das ist oft die Be- und Entladung. Lange Wartezeiten an der Laderampe sind für Spediteure ein erheblicher Kostenfaktor, den sie in Form von Standgeldern an den Verursacher weitergeben. Für Sie als Produktionsleiter bedeutet eine ineffiziente Rampe nicht nur direkte Zusatzkosten, sondern auch eine Störung Ihres eigenen Produktions- oder Lagerflusses. Ein LKW, der die Rampe blockiert, verhindert die Anlieferung von Rohmaterial oder die Abholung der nächsten fertigen Charge. Die Optimierung der Rampenprozesse ist daher ein zentraler Hebel für die Gesamteffizienz.

Die Lösung liegt in einem proaktiven Zeitfenstermanagement und einer perfekten Vorbereitung. Anstatt den LKW unangekündigt eintreffen zu lassen, werden feste Zeitfenster für die Ankunft disponiert. Dies ermöglicht eine präzise Personal- und Ressourcenplanung. Der Schlüssel zum Erfolg ist, dass zum vereinbarten Zeitpunkt alles bereitsteht.

Digitales Zeitfenstermanagement-System an einer modernen Laderampe

Ein digitales Zeitfenstermanagement-System, wie es moderne Logistikzentren nutzen, visualisiert die ankommenden LKW und synchronisiert die Abläufe zwischen Fahrer, Disposition und Rampenpersonal. Um Verzögerungen zu vermeiden, sollten folgende Punkte sichergestellt sein:

  • Personal bereitstellen: Planen Sie mindestens zwei geschulte Mitarbeiter für die Entladung ein.
  • Stapler vorbereiten: Der Gabelstapler muss voll aufgeladen sein und über die passenden Gabeln für die zu entladenden Paletten (z.B. Euro-Paletten) verfügen.
  • Dokumentation vorbereiten: Lieferschein, allfällige Zollpapiere und die Möglichkeit zur digitalen Empfangsbestätigung müssen griffbereit sein.
  • Rampe freihalten: Die Laderampe muss mindestens 30 Minuten vor der geplanten Ankunft vollständig geräumt und zugänglich sein.
  • Zeitfenster einhalten: Grosse Spediteure wie DB Schenker bieten oft Standard-Zeitfenster (z.B. 9-12 Uhr oder 13-16 Uhr) an, deren Einhaltung Standgelder vermeidet.

Wann müssen Sie Ihren FTL buchen, um vor Weihnachten noch Kapazität zu erhalten?

Das vierte Quartal, insbesondere die Zeit vor Weihnachten, ist in der Logistik eine absolute Hochsaison. Die Nachfrage nach Ladekapazität explodiert, während das Angebot an verfügbaren LKW stagniert. Für Produktionsleiter bedeutet das eine doppelte Herausforderung: Die Preise für kurzfristige Buchungen steigen exponentiell an und die Gefahr, gar keine Kapazität mehr zu finden, ist real. Eine proaktive Planung, die weit über das blosse Buchen hinausgeht, ist hier unerlässlich. Man könnte es als Kapazitäts-Hedging bezeichnen: die frühzeitige Absicherung von benötigtem Frachtraum zu kalkulierbaren Preisen.

Die Kapazitätsengpässe beginnen nicht erst im Dezember. Der „Logistik-Adventskalender“ für FTL-Buchungen startet bereits Anfang November. Wer hier nicht vorausschauend plant, zahlt am Ende einen massiven Aufpreis oder riskiert, seine Ware nicht mehr rechtzeitig vor den Feiertagen ausliefern zu können. Selbst grosse Akteure, die wie die LOG Group mit einem stabilen Fuhrpark täglich bis zu 250 FTL-Transporte zwischen der Schweiz und Deutschland realisieren, sind den Gesetzen des Marktes unterworfen.

Der Zeitplan für die Buchung von FTL-Kapazitäten vor Weihnachten sieht typischerweise so aus:

  • KW 45 (Anfang November): Die ersten Kapazitätsengpässe, insbesondere für Importe aus Deutschland und Italien, werden spürbar.
  • KW 47 (Mitte November): Die Preise für kurzfristige Buchungen auf dem Spot-Markt steigen bereits um 15-20%.
  • KW 49 (Anfang Dezember): Dies ist in der Regel die letzte Chance, FTL-Transporte zu regulären Tarifen zu buchen.
  • KW 50-51: In den beiden Wochen vor Weihnachten ist nur noch der Spot-Markt verfügbar, wo mit Preisaufschlägen von 30-50% oder mehr zu rechnen ist.

Die strategisch beste Alternative ist der Abschluss von Jahresverträgen mit festen Kontingenten. Diese werden idealerweise bis spätestens Oktober verhandelt und garantieren Ihnen eine definierte Anzahl von LKW-Stellplätzen pro Woche zu einem fixierten Preis, unabhängig von saisonalen Schwankungen.

Basel/Weil oder Rheinfelden: Welcher Grenzübergang spart Ihnen am Montagmorgen 2 Stunden?

Die Wahl des Grenzübergangs zwischen der Schweiz und Deutschland ist eine strategische Entscheidung, die am Montagmorgen über pünktliche Lieferung oder stundenlangen Verzug entscheiden kann. Die Hauptübergänge wie Basel/Weil am Rhein sind notorisch staugefährdet, insbesondere zu Stosszeiten. Die scheinbar naheliegende Frage „Welcher Übergang ist schneller?“ ist jedoch die falsche. Die richtige Frage lautet: „Wie erlange ich die Flexibilität, den jeweils flüssigsten Grenzübergang nutzen zu können?“

Die Antwort liegt nicht auf der Strasse, sondern im administrativen Prozess der Verzollung. Unternehmen, die auf eine manuelle Verzollung direkt am LKW angewiesen sind, sind an das Zollamt des gewählten Grenzübergangs gebunden. Steht der Verkehr dort, gibt es keine Alternative. Der entscheidende Vorteil entsteht durch die Zusammenarbeit mit einem Spediteur, der als AEO (Authorised Economic Operator) zertifiziert ist und den Status eines „Zugelassenen Empfängers/Versenders“ besitzt.

Dieser Status ermöglicht es dem Logistikpartner, die Verzollung nicht am Grenzzollamt, sondern direkt in seinen eigenen, zollrechtlich bewilligten Anlagen (z.B. einem Hub im Inland oder einem eigenen Grenzbüro) durchzuführen. Für den Transport bedeutet das eine Revolution der Flexibilität:

  • Der Fahrer ist nicht mehr an einen bestimmten Grenzübergang gebunden.
  • Er kann kurzfristig auf Basis von Echtzeit-Verkehrsdaten entscheiden, ob er Basel/Weil, Rheinfelden oder einen kleineren Übergang wählt.
  • Die eigentliche Zollabfertigung geschieht entkoppelt vom physischen Grenzübertritt, was Wartezeiten aufgrund von Personalmangel am Zollamt eliminiert.

Diese prozessuale Entkopplung ist der Schlüssel, um die notorischen Staus am Montagmorgen zu umgehen. Anstatt im Stau zu stehen, kann der Fahrer die Grenze schnell passieren und die Ware pünktlich anliefern. Die Wahl des Logistikpartners und seiner zolltechnischen Fähigkeiten ist also wichtiger als die starre Festlegung auf eine Route.

A1 oder A3:Pünktlicher Gütertransport in den Alpen: Wie Speditionen Schnee und Stau besiegen?

Die Schweizer Ost-West-Achse ist das Rückgrat des nationalen Güterverkehrs. Die Wahl zwischen der Route über die A1 (via Bern/Zürich) und der A3 (entlang des Walensees) ist eine tägliche Abwägung von Risiken. Beide Routen haben ihre spezifischen Herausforderungen, die ein guter Disponent kennen und managen muss. Es geht nicht darum, eine Route als prinzipiell „besser“ zu deklarieren, sondern darum, ein dynamisches Risikomanagement basierend auf Echtzeit-Informationen zu betreiben.

Die Risikoprofile der beiden Hauptachsen lassen sich wie folgt charakterisieren:

  • A1 (Zürich/Bern): Das Hauptrisiko hier ist der Stau durch hohes Verkehrsaufkommen. Die Agglomerationen Zürich, Bern und das Nadelöhr Bareggtunnel sind notorische Zeitfresser, insbesondere während der Pendler-Stosszeiten am Morgen und Abend.
  • A3 (Walensee): Diese Route ist landschaftlich reizvoll, aber wetteranfälliger. Insbesondere bei starkem Schneefall oder Eisglätte kann die Strecke entlang des Walensees schnell zu einer Falle werden. Die Gefahr von Sperrungen ist im Winter deutlich höher.

Professionelle Speditionen bekämpfen diese Risiken mit einem Bündel von Massnahmen. Die Grundlage ist die kontinuierliche Überwachung der Verkehrslage über Dienste wie ASTRA (Bundesamt für Strassen) und spezialisierte Verkehrsinformationssysteme. Darauf aufbauend werden präventive und reaktive Strategien angewendet:

  1. Kontinuierliche Überwachung: Disponenten verfolgen die Meldungen von ASTRA und anderen Quellen in Echtzeit, um frühzeitig auf Störungen reagieren zu können.
  2. Fahrerschulung für Extrembedingungen: Die Fahrer sind speziell für alpine Bedingungen geschult, inklusive schneller Schneekettenmontage und Fahrtechniken auf eisglatter Fahrbahn.
  3. Kosten-Nutzen-Analyse von Umwegen: Bei absehbaren Vollsperrungen oder massiven Staus berechnet die Disposition blitzschnell, ob eine längere, aber flüssigere Umfahrungsroute ökonomisch sinnvoll ist.

Für Sie als Produktionsleiter bedeutet das: Die Pünktlichkeit Ihrer Lieferung hängt nicht von der starren Wahl einer Route ab, sondern von der Fähigkeit Ihres Logistikpartners, diese Risiken proaktiv zu managen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der finanzielle Kipppunkt für FTL liegt oft niedriger als angenommen (10-14 Paletten), wenn versteckte LTL-Kosten wie Versicherung und Administration einberechnet werden.
  • Für hochwertige oder fragile Güter ist FTL aufgrund des eliminierten Umschlagrisikos (keine HUB-Stopps) die einzig strategisch sinnvolle Option zur Risikominimierung.
  • Die grössten Kosteneinsparungen resultieren nicht aus Preisverhandlungen, sondern aus operativer Effizienz: optimierte Rampenprozesse und intelligente Routenplanung zur Vermeidung von Standgeldern und Staus.

Routenplanung durch den Gotthard: Wie Logistiker Staus von 4+ Stunden vermeiden?

Der Gotthard-Strassentunnel ist das Herzstück des Schweizer Alpentransits, aber auch sein berüchtigtstes Nadelöhr. Staus von vier Stunden und mehr sind vor Feiertagen oder bei Unfällen keine Seltenheit. Für einen Produktionsleiter, dessen Ware termingerecht in Italien ankommen muss, ist ein solcher unkalkulierbarer Verzug inakzeptabel. Professionelle Logistiker verlassen sich daher nicht auf eine einzige Route, sondern betreiben eine aktive und vergleichende Routenplanung, die Alternativen wie den San-Bernardino-Pass, den Simplonpass oder sogar den kombinierten Verkehr (RoLa) als strategische Optionen einbezieht.

Die Entscheidung für oder gegen den Gotthard wird nicht am Morgen der Abfahrt getroffen, sondern basiert auf einer langfristigen Analyse von Kosten, Zeit und Risiko. Jede Route hat ein eigenes Profil, das je nach Jahreszeit, Wochentag und Wetterlage variiert. Eine proaktive Verkehrsüberwachung und flexible Planung sind entscheidend, um Verzögerungen zu minimieren, wie es TTS Transport & Terminal Services AG mit ihrem Netzwerk demonstriert.

Die folgende Tabelle, basierend auf einer Analyse von Alpenübergängen, zeigt eine strategische Übersicht der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen für FTL-Transporte von Zürich nach Mailand.

Alpenübergänge im Vergleich für FTL-Transporte
Route Zeitaufwand ZH-Milano LSVA-Kosten Wetteranfälligkeit Fahrzeugbeschränkung
Gotthard (A2) 4-5 Stunden Standard Mittel Keine für Standard-LKW
San Bernardino (A13) 5-6 Stunden +15% durch Umweg Hoch im Winter Schneeketten oft nötig
Simplonpass 6-7 Stunden +25% durch Umweg Sehr hoch Wintersperre möglich
RoLa Freiburg-Novara 8-10 Stunden Kombitarif Wetterunabhängig Keine

Die „Rollende Landstrasse“ (RoLa) stellt eine wetterunabhängige, wenn auch zeitaufwändigere Alternative dar, die bei prognostizierten Vollsperrungen der Pässe zur kalkulierbaren Option wird. Die Fähigkeit eines Logistikers, diese Optionen dynamisch zu bewerten und die für die jeweilige Situation optimale Route zu wählen, ist der Unterschied zwischen einer pünktlichen Lieferung und einem kostspieligen Verzug.

Nachdem die strategischen Grundlagen klar sind, besteht der nächste Schritt darin, diese Prinzipien auf Ihre spezifischen Transportströme anzuwenden. Analysieren Sie jetzt Ihre Hauptrouten und berechnen Sie Ihren FTL-Kipppunkt, um ungenutztes Effizienzpotenzial zu heben.

Geschrieben von Reto Gerber, Erfahrener Transportleiter und Disponent für nationale Schwer- und Spezialtransporte. Spezialist für Alpenquerungen und Routenplanung.