
Stundenlanges Warten am Gotthard ist kein unvermeidbares Übel, sondern das Ergebnis einer unvollständigen Kostenrechnung.
- Die kürzeste Route ist durch versteckte Kosten (LSVA, Verschleiss, Tropfenzähler) oft die teuerste.
- KI-gestützte Planung und die strategische Nutzung von Alternativen wie San Bernardino oder der RoLa sind entscheidende Hebel für die Rentabilität.
Empfehlung: Analysieren Sie jede Route basierend auf der Vollkostenrechnung, nicht nur auf Kilometern, um Ihre Marge und Pünktlichkeit wirklich zu optimieren.
Jeder Schweizer Disponent kennt das Bild: eine endlose Schlange roter Rücklichter vor dem Gotthard-Portal. Der Reflex ist oft derselbe – den Verkehrsfunk einschalten, auf eine schnelle Auflösung hoffen und die Kunden über Verzögerungen informieren. Die üblichen Ratschläge, wie das Meiden von Stosszeiten oder das Prüfen der aktuellen Verkehrslage, sind für Profis längst Alltag. Doch in einem Land, das von seiner einzigartigen Topografie und strikten Regulierungen wie dem Nachtfahrverbot geprägt ist, reichen diese Basics bei Weitem nicht aus.
Das eigentliche Problem ist nicht der Stau selbst, sondern die veraltete Annahme, die kürzeste Strecke sei automatisch die wirtschaftlichste. Diese Sichtweise ignoriert eine Vielzahl versteckter Kosten, von der erhöhten LSVA über den Materialverschleiss bei Passfahrten bis hin zu den Opportunitätskosten eines stillstehenden LKW. Die Bewältigung der Schweizer Nadelöhre ist weniger eine Frage der Geduld als vielmehr eine des strategischen Kalküls.
Aber was, wenn die wahre Lösung nicht darin liegt, Staus blind zu umfahren, sondern sie als kalkulierbares Betriebsrisiko zu behandeln? Wenn der Schlüssel in einer präzisen Vollkostenrechnung für jede denkbare Route liegt? Dieser Ansatz verwandelt einen reaktiven Disponenten in einen proaktiven Strategen, der die Rentabilität seiner Flotte aktiv steuert.
Dieser Artikel führt Sie durch genau diese professionelle Methodik. Wir analysieren, wie Sie von reiner Kilometer-Optimierung zu einer echten Gewinn-Optimierung übergehen. Dabei beleuchten wir den Einsatz von KI, die strategische Planung unter Berücksichtigung des Nachtfahrverbots und die intelligenten multimodalen Alternativen, die über die reine Strassenlogistik hinausgehen.
Inhaltsverzeichnis: Ihre Routenplanung für die Schweizer Alpen
- Manuell vs. Algorithmus: Wie viel Treibstoff spart eine KI-gestützte Routenplanung wirklich?
- A1 oder A3:Pünktlicher Gütertransport in den Alpen: Wie Speditionen Schnee und Stau besiegen?
- Wie planen Sie Langstrecken in der Schweiz unter Einhaltung des Nachtfahrverbots?
- Warum die kürzeste Route über den Pass oft teurer ist als der Umweg im Flachland
- Tunnel zu: Wie schnell können Sie Ihre Flotte bei einer Vollsperrung umleiten?
- Was tun, wenn der Gotthard zu ist? Die Vor- und Nachteile der San-Bernardino-Route
- Warum der Transport ins Engadin 30% teurer ist als im Mittelland
- Optimale Transportrouten für den Export: Bahn, LKW oder Rhein?
Manuell vs. Algorithmus: Wie viel Treibstoff spart eine KI-gestützte Routenplanung wirklich?
Die manuelle Routenplanung durch einen erfahrenen Disponenten basiert oft auf Erfahrung und Intuition – unschätzbare Werte, die jedoch an ihre Grenzen stossen, wenn Dutzende Variablen in Echtzeit berücksichtigt werden müssen. Hier setzt die künstliche Intelligenz (KI) an. Sie agiert nicht als Ersatz, sondern als leistungsstarker Co-Pilot, der permanent tausende Datenpunkte analysiert, um die objektiv beste Route zu finden. Es geht nicht mehr nur um die schnellste, sondern um die wirtschaftlichste Verbindung.
Der messbare Nutzen ist erheblich. Moderne Telematiksysteme, die auf KI-Algorithmen setzen, berechnen nicht nur Verkehrsflüsse, sondern auch Faktoren wie Topografie, Fahrzeugtyp und sogar das voraussichtliche Wetter. Eine Analyse von Webfleet zeigt, dass durch solche Systeme 10-15% Kraftstoffeinsparung möglich sind. Das ist kein theoretischer Wert, sondern eine konkrete Marge, die direkt in die Bilanz fliesst.
Fallbeispiel: 60.000 Euro Jahreseinsparung durch KI
Betrachten wir eine typische LKW-Tour im Nahverkehr mit 200 km Strecke. Durch eine KI-Optimierung kann die Route oft um nur 10 km verkürzt werden. Bei einer Flotte von 20 Fahrzeugen, die täglich solche Touren fahren, summiert sich diese kleine Anpassung. Aufs Jahr gerechnet bedeutet dies eine Einsparung von rund 16 Tonnen CO2 und bis zu 60.000 Euro an reinen Kraftstoffkosten. Diese Zahl verdeutlicht, dass die Investition in KI-Technologie kein Kostenfaktor, sondern ein Hebel zur Gewinnmaximierung ist.
Die Implementierung solcher Systeme erfordert jedoch eine strategische Herangehensweise, um das volle Potenzial auszuschöpfen. Der Erfolg hängt davon ab, wie gut die Technologie in die bestehenden Prozesse integriert und von den Disponenten angenommen wird.
Ihr Aktionsplan: KI-Routenplanung gewinnbringend implementieren
- Datenqualität sicherstellen: Stellen Sie sicher, dass Ihre Stammdaten (Fahrzeugtypen, Verbrauch, Kapazitäten) präzise im System hinterlegt sind. Die KI ist nur so gut wie die Daten, mit denen sie arbeitet.
- „Human-in-the-Loop“-Ansatz verfolgen: Schulen Sie Ihre Disponenten darin, die KI als Werkzeug zu nutzen. Sie sollten die Vorschläge der KI validieren, anpassen und verschiedene Szenarien simulieren können, um ihr Expertenwissen einzubringen.
- Echtzeit-Anpassungen aktivieren: Integrieren Sie Live-Datenquellen für Verkehr, Baustellen und Sperrungen. Eine cloudbasierte Lösung ist hierfür essenziell, um auf unvorhergesehene Ereignisse dynamisch reagieren zu können.
- Iterative Optimierung nutzen: Wählen Sie eine Software, die Touren schrittweise verbessert, anstatt sie komplett neu zu berechnen. Dies spiegelt die Arbeitsweise eines menschlichen Disponenten wider und führt zu praxisnaheren und akzeptierteren Ergebnissen.
- Erfolgskennzahlen (KPIs) definieren: Messen Sie den Erfolg der KI-Implementierung anhand konkreter Zahlen: Treibstoffverbrauch pro Tour, pünktliche Lieferungen und die Anzahl manueller Korrekturen durch den Disponenten.
A1 oder A3:Pünktlicher Gütertransport in den Alpen: Wie Speditionen Schnee und Stau besiegen?
Die Alpen sind die ultimative Herausforderung für die Schweizer Logistik. Insbesondere die Nord-Süd-Achse ist ein Nadelöhr, bei dem die Entscheidung zwischen der A2 (Gotthard) und der A13 (San Bernardino) tägliche Praxis ist. Ein plötzlicher Wintereinbruch, eine technische Störung im Tunnel oder der klassische Ferienstau können die Planung innerhalb von Minuten über den Haufen werfen. Ein strategischer Ansatz ist hier nicht Kür, sondern Pflicht.
Die Grundregel ist einfach: Der Gotthard ist die Basis-Route. Doch ab einer prognostizierten Wartezeit von etwa einer Stunde wird der Umweg über den San Bernardino nicht nur zu einer zeitlichen, sondern oft auch zu einer wirtschaftlichen Alternative. Während der San Bernardino etwas längere Fahrzeiten und mehr Kurven aufweist, ist er oft die zuverlässigere Option, da er seltener von massiven Blockabfertigungen betroffen ist.

Im Winter verschärft sich die Lage. Während beide Tunnel in der Regel ganzjährig geöffnet sind, können die Zufahrtsstrassen bei starkem Schneefall schnell zur Falle werden. Hier ist die Kenntnis über die aktuelle Wetterlage und die vorgeschriebene Winterausrüstung entscheidend. Der Gotthard-Pass als Sommeralternative fällt komplett weg, und der Simplon-Pass mit Autoverlad wird zu einer relevanten, wenn auch kostspieligen Option für den Transitverkehr.
Die folgende Übersicht zeigt die grundlegenden Charakteristika der Hauptalternativen und dient als erste Entscheidungshilfe für den Disponenten.
| Route | Winteröffnung | Empfehlung ab Stau | Besonderheiten |
|---|---|---|---|
| A2 Gotthard-Tunnel | Ganzjährig | Basis-Route | Tropfenzählersystem, max. 1000 PW-Einheiten/h |
| A13 San Bernardino | Ganzjährig | Ab 1h Wartezeit | Zuverlässigste Alternative, kaum Zeitverlust |
| Gotthard-Pass | Mai-Oktober | Bei gutem Wetter | Saisonabhängig, im Winter gesperrt |
| Simplon (mit Autoverlad) | Ganzjährig | Für West-Ost-Transit | Kostenpflichtig, längere Wartezeiten möglich |
Wie planen Sie Langstrecken in der Schweiz unter Einhaltung des Nachtfahrverbots?
Das Schweizer Nachtfahrverbot ist eine der zentralen Rahmenbedingungen für die nationale und internationale Logistik. Wer es ignoriert, riskiert nicht nur empfindliche Bussen, sondern auch eine komplett gestörte Tourenplanung. Das Verbot zwingt Disponenten zu einer vorausschauenden und strategischen Pausen- und Routenplanung, die weit über das blosse Einhalten von Lenk- und Ruhezeiten hinausgeht.
Grundsätzlich gilt in der Schweiz das generelle Nachtfahrverbot für schwere Motorwagen zwischen 22:00 und 05:00 Uhr. Das bedeutet, dass ein LKW, der um 21:50 Uhr noch fährt, zehn Minuten später für sieben Stunden zum Stillstand gezwungen ist. Eine effiziente Langstreckenplanung muss diese Zwangspause als festen Bestandteil der Route einkalkulieren und sie strategisch nutzen, anstatt von ihr überrascht zu werden.
Die Kunst besteht darin, die letzte Fahrt vor 22:00 Uhr so zu planen, dass der LKW an einem optimalen Ort zum Stehen kommt – idealerweise direkt vor einer Sperrzone oder einem Nadelöhr, um am nächsten Morgen um Punkt 05:00 Uhr als einer der Ersten weiterfahren zu können. Eine Raststätte im Tessin kann beispielsweise strategisch wertvoller sein als eine im Mittelland, wenn die Weiterfahrt Richtung Süden geplant ist. Zudem gibt es Ausnahmen und Privilegien, deren Kenntnis ein klarer Wettbewerbsvorteil ist.
Eine proaktive Planung kann die verlorene Zeit minimieren und die Produktivität maximieren. Hier sind einige bewährte Strategien aus der Praxis:
- Gezielte Ruhezeiten: Planen Sie die gesetzlichen Ruhezeiten so, dass sie mit dem Nachtfahrverbot zusammenfallen. Der Fahrer sollte seine Pause nicht um 19:00 Uhr beenden, nur um dann um 22:00 Uhr erneut anhalten zu müssen.
- Just-in-Time-Beladung: Organisieren Sie die Beladung so, dass sie gegen 21:00 Uhr abgeschlossen ist. So kann der Fahrer die verbleibende Stunde noch für die Anfahrt nutzen und ist um 05:00 Uhr sofort startbereit.
- S-Kennzeichnung nutzen: Im Binnengüterverkehr eingesetzte LKW mit S-Kennzeichnung werden am Gotthard-Tropfenzählersystem privilegiert behandelt. Dies kann die Wartezeit am Morgen erheblich verkürzen.
- Sonderbewilligungen prüfen: Für bestimmte Transporte wie Frischmilch oder Tageszeitungen können kantonale Sonderbewilligungen für Nachtfahrten beantragt werden. Prüfen Sie, ob Ihre Fracht darunterfällt.
Warum die kürzeste Route über den Pass oft teurer ist als der Umweg im Flachland
Die Intuition sagt uns: Der kürzeste Weg ist der beste. In der Schweizer Logistik ist diese Annahme jedoch ein teurer Trugschluss. Eine reine Kilometer-Optimierung vernachlässigt eine Reihe von „versteckten Kosten“, die eine auf dem Papier längere Route im Flachland oft zur wirtschaftlicheren Wahl machen. Der Schlüssel liegt in der Vollkostenrechnung, die alle relevanten Faktoren einbezieht.
Der erste Faktor ist die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA). Sie wird pro Kilometer und Gesamtgewicht berechnet. Eine Passstrasse mag kürzer sein, doch der zweite Faktor wiegt schwerer: der Treibstoffverbrauch und Materialverschleiss. Steile Anstiege und Gefälle belasten Motor, Bremsen und Reifen überproportional. Der Mehrverbrauch und die verkürzte Lebensdauer der Bauteile sind reale Kosten, die in der Bilanz auftauchen.

Ein dritter, oft unterschätzter Faktor ist das Schweizer System der Blockabfertigung. Am Gotthard-Tunnel beispielsweise entspricht ein LKW 3 PW-Einheiten im sogenannten Tropfenzählersystem. Bei hohem Verkehrsaufkommen wird die Zufahrt für LKW gedrosselt, was zu erheblichen Wartezeiten führt. Diese Wartezeit ist unproduktive, aber bezahlte Fahrerzeit und stellt erhebliche Opportunitätskosten dar. Wie der TCS in Prognosen aufzeigt, kann die Ausweichroute über den San Bernardino bereits bei einer Stauprognose von zwei Stunden am Gotthard trotz der Mehrkilometer die rentablere Option sein.
Die Vollkostenrechnung summiert all diese Punkte: LSVA, prognostizierte Fahrzeit (inkl. Stau), Treibstoffkosten (inkl. topografiebedingtem Mehrverbrauch), Materialverschleiss und die Opportunitätskosten der Fahrerzeit. Erst dieser Gesamtüberblick ermöglicht eine fundierte unternehmerische Entscheidung, die über die reine Distanzmessung hinausgeht und die tatsächliche Rentabilität einer Tour in den Mittelpunkt stellt.
Tunnel zu: Wie schnell können Sie Ihre Flotte bei einer Vollsperrung umleiten?
Ein Unfall, ein technischer Defekt oder ein Brand – eine Vollsperrung des Gotthard- oder San-Bernardino-Tunnels ist das Worst-Case-Szenario für jeden Disponenten. In diesem Moment zählt jede Minute. Eine reaktive Haltung, die auf die offizielle Verkehrsmeldung wartet, führt unweigerlich zu langen Standzeiten und verpassten Lieferterminen. Professionelle Logistikunternehmen haben für diesen Fall ein klares Eskalationsprotokoll, das automatisch abläuft.
Die Fähigkeit zur schnellen Reaktion hängt von zwei Faktoren ab: Technologie und vordefinierte Prozesse. Moderne Telematiksysteme sind hierbei das zentrale Nervensystem. Der Fahrer muss die Disposition nicht erst anrufen; eine Meldung über das System oder der im GPS sichtbare Stillstand löst den Alarm aus. Der Disponent kann dann sofort auf Echtzeit-Verkehrsdaten zugreifen und eine autorisierte Umleitung freigeben, noch bevor der Stau auf allen Kanälen gemeldet wird.
Dieses Szenario ist keine Seltenheit. Allein für Wartungsarbeiten ist der Gotthard-Tunnel 2025 für 36 Nächte komplett gesperrt. Diese geplanten Sperrungen lassen sich einkalkulieren, doch die unvorhergesehenen erfordern einen Notfallplan. Ein solcher Plan ist keine lose Ideensammlung, sondern eine klare Handlungsanweisung, die jeder im Team kennt.
Ein bewährtes Eskalationsprotokoll bei einer unvorhergesehenen Tunnelsperrung könnte wie folgt aussehen:
- Sofort (T+0 Min): Der Fahrer meldet den Stillstand über das Transport-Management-System (TMS). Das System schlägt automatisch Alarm in der Disposition.
- T+5 Min: Der Disponent analysiert die Lage via Echtzeit-Verkehrsdaten und prüft die vordefinierten Alternativrouten (Plan B, Plan C).
- T+15 Min: Der Disponent autorisiert die Umleitung auf die Alternativroute, z. B. die A13 (San Bernardino), und übermittelt sie digital an das Navigationsgerät des Fahrers.
- Automatisch: Parallel dazu informiert das CRM-System den Kunden proaktiv über die neue, voraussichtliche Ankunftszeit (ETA) und den Grund der Verzögerung.
- Plan C bereithalten: Für den extremen Notfall einer gleichzeitigen Sperrung beider Hauptachsen (A2 und A13) müssen Routen über den Simplon oder sogar den Brenner als letzte Option im System hinterlegt sein.
Was tun, wenn der Gotthard zu ist? Die Vor- und Nachteile der San-Bernardino-Route
Wenn der Gotthard-Tunnel aufgrund von Stau, Sperrung oder Wartungsarbeiten ausfällt, ist die A13 über den San Bernardino die naheliegendste und meistgenutzte Alternative. Doch sie ist bei Weitem nicht die einzige. Je nach Start- und Zielort sowie der Art der Fracht können auch der Simplon-Pass, der Mont-Blanc-Tunnel oder sogar der Brenner-Pass in Österreich strategisch sinnvolle Optionen sein. Jede dieser Routen hat ein eigenes Profil aus Kosten, Zeitaufwand und Anforderungen.
Der San Bernardino ist die erste Wahl, da er nur einen geringen zeitlichen und kilometertechnischen Umweg bedeutet und ebenfalls ganzjährig befahrbar ist. Bei starkem Verkehrsaufkommen kann es jedoch auch hier zu Stauungen kommen. Für Transitverkehre, die aus dem Westen der Schweiz kommen, kann die Route über den Simplon-Pass mit dem Autoverlad zwischen Brig und Iselle (Italien) eine Überlegung wert sein. Der Verlad ist zwar kostenintensiv, kann aber bei massiven Störungen auf der A2/A13 Zeit sparen.
Für Transporte von und nach Frankreich oder weiter westlich gelegene Destinationen wird der Mont-Blanc-Tunnel zu einer Option, die jedoch mit hohen Mautgebühren verbunden ist. Der Brenner-Pass ist die grossräumigste Umfahrung und kommt meist nur bei langanhaltenden, grossflächigen Störungen in der Schweiz oder für Transporte von/nach Ostösterreich und Osteuropa infrage.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die wichtigsten grossräumigen Alternativen für den Transitverkehr:
| Route | Distanz-Mehrweg | Kosten | Wintereignung |
|---|---|---|---|
| San Bernardino | +20-40 km | Standard LSVA | Gut, ganzjährig |
| Simplon + Autoverlad | +80-120 km | +150-200 CHF Verlad | Sehr gut |
| Mont-Blanc-Tunnel (via F) | +200-300 km | Hohe Mautgebühren | Gut, selten gesperrt |
| Brenner (via A) | +300-400 km | Österreich-Maut | Gut, Alternativroute |
Insider-Tipp: Die Göschenen-Sonderöffnung
Ein kaum bekannter Kniff für Profis: Wenn der Stau vor dem Gotthard-Südportal drei Kilometer überschreitet und die Passstrasse gesperrt ist, öffnet die Kantonspolizei Uri die Autobahnauffahrt in Göschenen viermal täglich für jeweils nur 15 Minuten, um dem lokalen Verkehr die Weiterfahrt zu ermöglichen. Die Zeitfenster sind 6:45, 8:15, 17:15 und 18:45 Uhr. Auch wenn es nicht ratsam ist, darauf zu spekulieren, kann das Wissen um diese Regelung in einer kritischen Situation den entscheidenden Vorteil bringen.
Warum der Transport ins Engadin 30% teurer ist als im Mittelland
Die Aussage, dass ein Transport ins Engadin signifikant teurer ist als eine vergleichbare Strecke im Schweizer Mittelland, mag auf den ersten Blick überraschen. Doch sie ist das perfekte Beispiel für die Notwendigkeit einer Vollkostenrechnung, die über die reine Kilometerdistanz hinausgeht. Während der Güterverkehr in der Schweiz rund 30% des gesamten Verkehrsvolumens ausmacht, sind die Kosten innerhalb dieses Sektors höchst ungleich verteilt.
Die Mehrkosten für Engadin-Transporte resultieren aus einer Kombination von geografischen und infrastrukturellen Herausforderungen. Anders als im flachen Mittelland mit seinem dichten Autobahnnetz sind die Zufahrtswege ins Engadin durch Pässe, Tunnel und beschränkte Kapazitäten geprägt. Jeder dieser Faktoren treibt die operativen Kosten in die Höhe und muss in der Tourenkalkulation berücksichtigt werden.
Die Hauptzufahrt im Winter, der Vereina-Tunnel mit seinem Autoverlad, ist ein zentraler Kostenpunkt. Die Gebühren für den Verlad und die oft unvermeidbaren Wartezeiten an den Terminals müssen einkalkuliert werden. Die Alternativen, der Julier- oder Malojapass, sind zwar frei von Verladegebühren, führen aber zu einem massiv erhöhten Treibstoffverbrauch und einem deutlich höheren Verschleiss an Bremsen und Reifen.
Die „letzte Meile“ in den touristischen Orten wie St. Moritz oder Pontresina birgt weitere Kostenfallen. Enge Strassen, Gewichtsbeschränkungen auf lokalen Brücken und zeitlich begrenzte Zufahrtsfenster für den Lieferverkehr erfordern oft den Einsatz kleinerer, teurerer Fahrzeuge oder eine aufwendigere Feinverteilung vom Talboden aus. All diese Faktoren summieren sich und erklären den signifikanten Preisunterschied.
- Vereina-Autoverlad: Die Verladegebühren und Wartezeiten sind ein fester Kostenblock, der budgetiert werden muss.
- Passfahrten (Julier/Maloja): Der erhöhte Treibstoffverbrauch und der beschleunigte Verschleiss an Bremsbelägen und Reifen müssen in der Fahrzeugkostenrechnung abgebildet werden.
- „Letzte Meile“-Logistik: Eventuell notwendige Umladungen auf kleinere Fahrzeuge oder eingeschränkte Lieferzeitfenster in den Tourismusorten verursachen zusätzliche Personal- und Fahrzeugkosten.
- Infrastrukturelle Limits: Gewichtsbeschränkungen auf Brücken oder saisonale Strassensperrungen erfordern eine exakte und vorausschauende Routenplanung.
Das Wichtigste in Kürze
- Stau-Management ist eine Kosten-, keine Zeit-Optimierung: Berücksichtigen Sie LSVA, Verschleiss und Fahrerzeit in Ihrer Vollkostenrechnung.
- KI-Systeme sind kein Luxus: Sie sparen nachweislich Treibstoff und amortisieren sich schnell durch Effizienzgewinne.
- Beherrschen Sie die Alternativen: San Bernardino, Simplon und die Rollende Autobahn (RoLa) sind strategische Optionen, nicht nur Notlösungen.
Optimale Transportrouten für den Export: Bahn, LKW oder Rhein?
Für den Export aus der Schweiz heraus potenziert sich die Komplexität der Routenplanung. Es geht nicht mehr nur um die Überwindung der Alpen, sondern um die effizienteste Anbindung an die europäischen Wirtschaftszentren. Hier stösst der reine LKW-Transport an seine Grenzen. Ein intelligenter Logistik-Stratege denkt deshalb multimodal und nutzt die spezifischen Vorteile von Schiene und Wasserstrasse, um eine sogenannte multimodale Arbitrage zu betreiben – also die Ausnutzung von Kosten- und Effizienzvorteilen durch den Wechsel des Verkehrsträgers.
Die Rollende Autobahn (RoLa) und der unbegleitete kombinierte Verkehr (UKV) sind die schlagkräftigsten Alternativen zum reinen Strassentransport. Sie umgehen das Nachtfahrverbot, reduzieren die Abhängigkeit von Fahrermangel und Stau und ermöglichen es den Fahrern, ihre gesetzlichen Ruhezeiten während des Transports zu nehmen. Der „Nachtsprung“ über die Alpen per Zug ist eine etablierte Strategie, um am nächsten Morgen ausgeruht und pünktlich am Zielort in Italien oder Deutschland anzukommen.
Fallbeispiel Rollende Autobahn (RoLa): 100.000 LKW weniger auf der Strasse
Projekte wie die Huckepack-Verkehre auf der Gotthard-Achse zeigen das immense Potenzial. Durch den Einsatz spezieller Niederflurwagen können selbst Standard-Sattelauflieger mit 4 Metern Eckhöhe per Bahn transportiert werden. Allein durch die Verbindungen zwischen Süddeutschland und Norditalien könnten jährlich etwa 100.000 LKW von der Strasse auf die Schiene verlagert werden. Dies entlastet nicht nur die Strassen, sondern stellt auch eine äusserst zuverlässige und planbare Transportalternative dar.
Für Güter, die in die Benelux-Länder oder nach Norddeutschland transportiert werden, bietet sich ab den Rheinhäfen in Basel eine weitere Option: die Binnenschifffahrt. Sie ist unschlagbar bei den Kosten pro Tonne für grosse Volumen und Schüttgut, jedoch auch die langsamste und am stärksten wetterabhängige Variante. Die Wahl des richtigen Verkehrsträgers hängt also stark von der Dringlichkeit, dem Volumen und der Art der Fracht ab.
Die folgende Übersicht fasst die wichtigsten intermodalen Optionen zusammen und hilft bei der strategischen Entscheidung.
| Transportmodus | Vorteile | Nachteile | Beste Anwendung |
|---|---|---|---|
| RoLa (Rollende Autobahn) | Umgeht Nachtfahrverbot, Fahrer-Ruhezeiten | Begrenzte Slots, Voranmeldung nötig | Regelmässige Transitverkehre |
| Rheinschifffahrt ab Basel | Grosse Volumen, niedrige Kosten/Tonne | Langsam, wetterabhängig | Schüttgut, Container nach Benelux |
| UKV (Unbegleiteter KV) | 24/7 Betrieb, keine Fahrerkosten | Umschlag-Infrastruktur nötig | Nachtsprung über die Alpen |
| Direkter LKW-Transport | Flexibel, Door-to-Door | Nachtfahrverbot, Staurisiko | Zeitkritische Sendungen |
Beginnen Sie noch heute damit, Ihre Routen nicht nur nach Kilometern, sondern nach ihrer wahren Rentabilität zu bewerten. Implementieren Sie eine dynamische Vollkostenrechnung als Standard für Ihre Disposition, um die Effizienz und Profitabilität Ihrer Flotte nachhaltig zu steigern.