
Entgegen der Annahme, dass Compliance nur Kosten verursacht, ist sie in Wahrheit Ihr stärkster Hebel zur Risikominimierung und zur Sicherung Ihrer Lieferkette.
- Die proaktive Prüfung von Sanktionslisten und die Erkennung von Dual-Use-Gütern sind keine bürokratischen Übungen, sondern essenzielles Risikomanagement.
- Die Konsequenzen bei Verstössen gehen weit über Geldstrafen hinaus und umfassen Reputationsschäden sowie den Verlust von Lizenzen, was existenzbedrohend sein kann.
Empfehlung: Implementieren Sie ein internes Compliance-Programm (ICP), das über das blosse Abhaken von Listen hinausgeht und auf einem tiefen Verständnis der rechtlichen Sorgfaltspflicht basiert.
Für Compliance Officer und Geschäftsführer in der Schweiz ist die Navigation durch die Import- und Exportbestimmungen oft ein komplexes Unterfangen. Die Sorge, versehentlich gegen ein Embargo zu verstossen oder eine notwendige Bewilligung zu übersehen, ist allgegenwärtig. Viele Unternehmen konzentrieren sich dabei auf das Sammeln der richtigen Papiere und das Ausfüllen von Formularen. Sie behandeln Compliance als eine rein administrative Aufgabe. Doch dieser Ansatz ist nicht nur ineffizient, sondern auch gefährlich.
Die wahre Herausforderung liegt nicht im bürokratischen Akt selbst, sondern im strategischen Verständnis der dahinterliegenden Risiken. Es geht nicht nur darum, die Regeln des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) für Exportkontrollen oder des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) für die Zollabwicklung zu befolgen. Es geht darum, die Logik dieser Regeln zu verinnerlichen. Wer versteht, warum eine harmlose Präzisionsmaschine als potenzielle Rüstungsware (Dual-Use) eingestuft werden kann oder welche Reputationsrisiken ein Geschäft mit einem sanktionierten Partner birgt, wandelt eine lästige Pflicht in ein mächtiges Instrument zur Absicherung des eigenen Unternehmens um.
Doch was, wenn der Schlüssel zur robusten Compliance nicht in der perfekten Dokumentation, sondern in einem proaktiven Risikomanagement-Denken liegt? Dieser Artikel führt Sie durch die entscheidenden Aspekte der Schweizer Import- und Exportkontrolle aus der Perspektive eines Juristen. Wir beleuchten nicht nur, was verboten ist, sondern erklären, wie Sie die inhärenten Risiken erkennen, bewerten und managen – von der Sanktionslistenprüfung über die Tücken von Lebensmittelimporten bis hin zu den realen Konsequenzen bei Versäumnissen.
Der folgende Leitfaden ist strukturiert, um Ihnen einen klaren Überblick über die kritischsten Bereiche zu geben. Jede Sektion widmet sich einer zentralen Fragestellung und bietet praxisnahe Antworten und strategische Einblicke.
Inhaltsübersicht: Ihr Wegweiser durch die Schweizer Export- und Importkontrolle
- Wie stellen Sie sicher, dass Ihr Kunde nicht auf einer internationalen Blacklist steht?
- Dual-Use: Wann wird eine harmlose Werkzeugmaschine zur bewilligungspflichtigen Rüstungsware?
- Wann müssen Sie beim Staatssekretariat für Wirtschaft eine Exportbewilligung einholen?
- Käse, Fleisch und Öl: Welche hygienischen Hürden gibt es beim Import in die Schweiz?
- Geldstrafe oder Gefängnis: Was droht bei Missachtung der Exportkontrolle wirklich?
- Was passiert, wenn der Zollprüfer kommt und Fehler in den letzten 5 Jahren findet?
- Wie beeinflussen Zölle und Handelskriege Ihre Beschaffung aus Fernost?
- Supply Chain Risk Management: Wie sichern Sie sich gegen den Ausfall Ihres Hauptlieferanten ab?
Wie stellen Sie sicher, dass Ihr Kunde nicht auf einer internationalen Blacklist steht?
Die Überprüfung von Geschäftspartnern gegen internationale Sanktionslisten ist die absolute Grundlage der Export-Compliance und ein zentraler Bestandteil Ihrer Sorgfaltspflicht. Es geht nicht nur darum, direkte Geschäfte mit gelisteten Personen oder Organisationen zu vermeiden. Vielmehr müssen Sie sicherstellen, dass Ihre Produkte nicht indirekt in die Hände von sanktionierten Entitäten gelangen. Die Listen des SECO, die auf den Vorgaben der UNO und EU basieren, sind hierbei für Schweizer Unternehmen massgeblich. Ein Versäumnis kann nicht nur rechtliche, sondern auch gravierende Reputationsschäden nach sich ziehen.
Ein rein manueller Abgleich ist fehleranfällig, besonders bei unterschiedlichen Schreibweisen oder komplexen Firmenstrukturen. Daher ist die Implementierung eines systematischen, dokumentierten Prozesses unerlässlich. Dieser Prozess muss nachweisen können, dass Sie alle zumutbaren Anstrengungen unternommen haben, um Ihre Geschäftspartner zu überprüfen. Das folgende Praxisbeispiel illustriert eindrücklich, wie sich eine sorgfältige Vorbereitung auszahlt und eine schnelle Freigabe durch die Behörden ermöglicht.
Praxisfall: SECO-Kontrolle bei Syrien-Export eines Schweizer Maschinenbauers
Ein Schweizer Exporteur erhielt vom SECO eine lange Liste von Fragen bezüglich einer Lieferung nach Syrien. Diese bezogen sich vor allem darauf, ob der Exporteur seine Pflichten erfüllt und alle notwendigen Punkte bezüglich der gelieferten Güter abgeklärt hatte. Da das Unternehmen nach dem Besuch eines Exportkontrolle-Seminars das Thema intern aufgearbeitet hatte, konnte es innerhalb von 24 Stunden sämtliche verlangten Antworten und Unterlagen liefern. Die Sendung wurde sofort freigegeben, und der Kunde erhielt einen zweiten Anruf vom SECO mit den Worten: „Sie haben alles vorbildlich dokumentiert. Wir gratulieren.“
Die systematische Prüfung ist kein einmaliger Akt, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der bei jeder Transaktion und bei Änderungen der Stammdaten wiederholt werden muss. Nur so lässt sich das Risiko effektiv managen.
Dual-Use: Wann wird eine harmlose Werkzeugmaschine zur bewilligungspflichtigen Rüstungsware?
Der Begriff „Dual-Use“ beschreibt Güter, Technologien oder Software, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können. Dies stellt eine der grössten Herausforderungen in der Exportkontrolle dar. Eine hochpräzise CNC-Maschine kann für die Uhrenindustrie bestimmt sein, aber potenziell auch zur Herstellung von Komponenten für Waffensysteme dienen. Die rechtliche Beurteilung hängt oft von spezifischen technischen Parametern ab, wie Positioniergenauigkeit oder Materialfestigkeit. Gemäss Expertenschätzungen sind rund 70% der Exportgüter potenziell von Dual-Use-Regelungen betroffen, was die enorme Relevanz dieses Themas unterstreicht.
Als Exporteur sind Sie verpflichtet, Ihre Produkte anhand der Güterlisten im Anhang der Güterkontrollverordnung (GKV) zu klassifizieren. Dies erfordert ein tiefes technisches Verständnis des Produkts und seiner potenziellen Endverwendungen. Unwissenheit schützt hier nicht vor Strafe. Die Detailaufnahme einer Präzisionsmaschine verdeutlicht, wo die entscheidenden technischen Merkmale liegen können, die eine Bewilligungspflicht auslösen.

Wie das nachfolgende Schema zeigt, sind die Grenzwerte oft in Mikrometern definiert. Eine Überschreitung dieser Werte macht eine Ausfuhrbewilligung durch das SECO zwingend erforderlich, selbst wenn der Endkunde und die deklarierte Endverwendung völlig unkritisch erscheinen. Es ist die objektive Leistungsfähigkeit des Gutes, die zählt.
Die folgende Tabelle, basierend auf den Richtlinien des SECO, gibt einen Einblick in die kritischen Parameter für ausgewählte Maschinentypen, die häufig in der Schweizer Industrie zu finden sind.
| Maschinentyp | Kritischer Parameter | Grenzwert für Bewilligungspflicht | Typische Anwendung |
|---|---|---|---|
| 5-Achs-CNC-Fräsmaschine | Positioniergenauigkeit | < 6 Mikrometer | Uhrenindustrie, Medizintechnik |
| Drehmaschine | Rundlaufgenauigkeit | < 2 Mikrometer | Präzisionsmechanik |
| Schleifmaschine | Oberflächenrauheit | < 0.1 Mikrometer Ra | Optische Industrie |
Wann müssen Sie beim Staatssekretariat für Wirtschaft eine Exportbewilligung einholen?
Die Pflicht zur Einholung einer Ausfuhrbewilligung beim SECO ergibt sich nicht nur aus der Klassifizierung eines Gutes. Es ist ein mehrstufiger Entscheidungsprozess, der das Produkt, das Zielland und die bekannte Endverwendung berücksichtigt. Ein systematischer Ansatz ist unerlässlich, um keine der potenziellen „roten Flaggen“ zu übersehen. Der Kern der Schweizer Exportkontrolle basiert auf mehreren Säulen, die in einem logischen Entscheidungsbaum zusammengefasst werden können.
Die erste und offensichtlichste Frage betrifft die Güterlisten. Ist Ihr Produkt explizit in den Anhängen der Güterkontrollverordnung (GKV) aufgeführt, ist der Fall klar: Eine Bewilligung ist erforderlich. Doch selbst wenn Ihr Produkt nicht gelistet ist, greifen weitere Mechanismen:
- Ist Ihr Produkt auf der Güterliste (Anhänge 2-5 GKV) aufgeführt? Wenn ja, ist eine Bewilligung grundsätzlich erforderlich.
- Ist das Empfängerland mit Sanktionen/Embargos belegt? Wenn ja, müssen die länderspezifischen Bestimmungen genau geprüft werden, da hier oft strengere Regeln gelten.
- Haben Sie Kenntnis von einer kritischen Endverwendung? Hier greift die sogenannte „Catch-all-Klausel“. Selbst wenn Produkt und Land unkritisch sind, löst Ihr Wissen über eine geplante Verwendung im Zusammenhang mit Massenvernichtungswaffen oder deren Trägersystemen eine Bewilligungspflicht aus.
- Handelt es sich um Kulturgüter? Der Export von Kunst oder Antiquitäten unterliegt dem Kulturgütertransfergesetz (KGTG) und erfordert separate Bewilligungen.
- Planen Sie regelmässige Exporte? Für wiederkehrende Lieferungen gleicher Güter an denselben Empfänger kann eine Generalausfuhrbewilligung (GEA) beantragt werden. Dies reduziert den administrativen Aufwand erheblich, da nicht für jede einzelne Lieferung ein neuer Antrag gestellt werden muss. Die Entscheidung über die Art der Bewilligung liegt jedoch beim SECO.
Dieser Prozess zeigt, dass Exportkontrolle weit über eine simple Produktprüfung hinausgeht. Es ist eine umfassende Risikobewertung, die das gesamte Geschäftsumfeld einbezieht. Das Ziel ist es, die Endverwendungskontrolle sicherzustellen und zu verhindern, dass Schweizer Güter für unerwünschte Zwecke missbraucht werden.
Käse, Fleisch und Öl: Welche hygienischen Hürden gibt es beim Import in die Schweiz?
Beim Import von Lebensmitteln und tierischen Produkten in die Schweiz verschiebt sich der Fokus von der strategischen Exportkontrolle hin zu strengen veterinär- und lebensmittelrechtlichen Vorschriften. Die primäre Zuständigkeit liegt hier beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Dessen Aufgabe ist es, die Gesundheit der Konsumenten zu schützen und die Einschleppung von Tierseuchen zu verhindern. Wie eine offizielle Publikation bestätigt, ist das BLV vorbereitend und mitwirkend tätig bei der Erarbeitung der Erlasse im Bereich der Lebensmittelsicherheit, was seine zentrale Rolle unterstreicht.
Für Importeure bedeutet dies eine Reihe von konkreten Anforderungen, die je nach Produkt stark variieren. Es reicht nicht aus, ein hochwertiges Produkt im Ausland einzukaufen; es muss auch nachweislich den Schweizer Standards entsprechen. Dies umfasst unter anderem Herkunftsbetriebe, die von der EU oder der Schweiz zugelassen sind, lückenlose Kühlketten und eine korrekte Etikettierung in den Schweizer Amtssprachen. Jede Abweichung kann zur Zurückweisung der Ware an der Grenze führen, was mit erheblichen Kosten und Lieferverzögerungen verbunden ist.
Die grössten Hürden liegen oft im Detail. Ein fehlendes Analysezertifikat für Olivenöl, eine falsche Temperaturaufzeichnung beim Transport von Rohmilchkäse oder eine nicht konforme Deklaration von Gesundheitsclaims können ganze Lieferungen blockieren. Proaktive Kommunikation mit dem Lieferanten und eine genaue Kenntnis der produktspezifischen Anforderungen sind daher entscheidend für einen reibungslosen Importprozess.
Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft die unterschiedlichen Anforderungen für typische Importprodukte und die damit verbundenen häufigen Herausforderungen.
| Produkt | Erforderliche Bescheinigung | Besondere Anforderungen | Häufige Hürden |
|---|---|---|---|
| Rohmilchkäse (Frankreich) | Veterinärbescheinigung | EU-zugelassener Betrieb | Temperaturkontrolle während Transport |
| Getrockneter Schinken (Spanien) | Konformitätsbescheinigung | BLV-gelisteter Produzent | Etikettierung in Amtssprachen |
| Olivenöl (Italien) | Analysezertifikat | Qualitätsparameter | Gesundheitsclaims-Deklaration |
Geldstrafe oder Gefängnis: Was droht bei Missachtung der Exportkontrolle wirklich?
Die Missachtung von Exportkontrollvorschriften ist in der Schweiz kein Kavaliersdelikt. Die rechtlichen Konsequenzen sind empfindlich und zielen darauf ab, eine starke präventive Wirkung zu entfalten. Das Spektrum der Sanktionen reicht von hohen Geldstrafen bis hin zu Freiheitsstrafen für die verantwortlichen Personen. So können Verstösse gegen schweizerische Exportkontrollvorschriften mit Bussen bis zu 1 Million CHF geahndet werden. Bei vorsätzlichen Handlungen sind sogar Freiheitsstrafen von mehreren Jahren möglich.
Doch die direkten strafrechtlichen Folgen sind oft nur die Spitze des Eisbergs. Für ein Unternehmen können die indirekten Konsequenzen weitaus verheerender sein. Der Verlust der Vertrauenswürdigkeit bei den Behörden kann dazu führen, dass zukünftige Bewilligungsanträge abgelehnt oder verzögert werden, was das operative Geschäft massiv behindert. Noch schwerwiegender ist das Reputationsrisiko, wie Experten betonen.
Das SECO kann bei Verdacht auf ungenehmigte Exporte bestehende Lizenzen entziehen bzw. keine neuen Lizenzen erteilen. Der Reputationsverlust bei den Behörden, der Öffentlichkeit, aber vor allem bei den Lieferanten und den Kunden ist nicht zu unterschätzen und hat schon Unternehmen in ihrer Existenz gefährdet.
– PwC Schweiz, ZOLL + MWST REVUE
Ein öffentlicher Skandal kann das Kundenvertrauen nachhaltig zerstören und zu einem Einbruch der Geschäftstätigkeit führen. Aus diesem Grund ist ein robustes internes Compliance-Programm (ICP) nicht nur eine rechtliche Notwendigkeit, sondern eine strategische Investition in die Zukunftssicherheit des Unternehmens. Sollte dennoch ein Verstoss entdeckt werden, ist proaktives Handeln entscheidend. Eine Selbstanzeige beim SECO kann das Strafmass erheblich mildern.
Ihr Plan zur Schadensbegrenzung: Massnahmen bei Exportkontrollverstössen
- Sofortmassnahme: Leiten Sie bei Entdeckung eines Verstosses unverzüglich eine interne Untersuchung ein, um den Sachverhalt vollständig aufzuklären.
- Selbstanzeige beim SECO: Melden Sie den Verstoss freiwillig den Behörden. Diese Kooperation wird in der Regel strafmildernd berücksichtigt.
- Dokumentation: Zeichnen Sie alle unternommenen Schritte und Korrekturmassnahmen lückenlos auf, um Ihre Bemühungen nachweisen zu können.
- ICP implementieren/verbessern: Etablieren Sie ein internes Compliance-Programm (ICP) oder optimieren Sie das bestehende, um zukünftige Verstösse zu verhindern.
- Mitarbeiterschulung: Führen Sie nachweislich Schulungen zur Exportkontrolle durch, um das Bewusstsein und die Kompetenz im Unternehmen zu stärken.
Was passiert, wenn der Zollprüfer kommt und Fehler in den letzten 5 Jahren findet?
Eine Zollprüfung durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) ist für viele Unternehmen eine Stresssituation. Die Prüfer haben das Recht, die Geschäftsunterlagen der letzten Jahre einzusehen und die Korrektheit der Zollanmeldungen zu verifizieren. Während die gesetzliche Aufbewahrungsfrist für zollrelevante Dokumente 10 Jahre beträgt, konzentrieren sich Revisionen oft auf einen Prüfungszeitraum von 5 Jahren. Werden in dieser Zeit systematische Fehler entdeckt, kann dies teuer werden.
Die Konsequenzen reichen von Nachzahlungen der geschuldeten Zollabgaben und Mehrwertsteuer plus Verzugszinsen bis hin zu Bussen wegen Widerhandlungen gegen das Zollgesetz. Basierend auf der Praxiserfahrung von Zollexperten kristallisieren sich drei Fehlerquellen als besonders häufig heraus:
- Falsche Zolltarifnummern: Die Einreihung von Waren in den Zolltarif (Tares) ist komplex. Eine falsche Nummer kann zu einer zu niedrigen oder zu hohen Zollbelastung führen. Bei einer nachträglichen Korrektur nach oben drohen erhebliche Nachzahlungen.
- Fehlerhafte Wertdeklarationen: Insbesondere bei Lieferungen ohne Rechnung (z.B. Garantieleistungen) oder bei Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen wird oft ein falscher Wert deklariert. Der Zollwert muss jedoch dem Marktwert entsprechen.
- Ungültige Ursprungsnachweise: Freihandelsabkommen ermöglichen Zollvorteile, erfordern aber einen korrekt ausgestellten Ursprungsnachweis (z.B. EUR.1). Werden die Regeln zur Ursprungsberechnung (z.B. Kumulation) nicht eingehalten, kann der Zoll die Präferenz aberkennen und die vollen Abgaben nachfordern.
Eine gute Vorbereitung auf eine angekündigte Prüfung ist daher entscheidend. Sie ermöglicht nicht nur einen reibungslosen Ablauf, sondern zeigt dem Prüfer auch, dass das Unternehmen seine Compliance-Pflichten ernst nimmt. Dies kann sich positiv auf die Beurteilung allfälliger Fehler auswirken.
- Ordnen Sie alle Handelsrechnungen der letzten 5 Jahre chronologisch.
- Stellen Sie die dazugehörigen Veranlagungsverfügungen und allfällige Ursprungsnachweise bereit.
- Prüfen Sie stichprobenartig Ihre wichtigsten Zolltarifnummern auf Aktualität, da sich der Tares regelmässig ändert.
- Dokumentieren Sie Ihre internen Kontrollprozesse (ICP) zur Zollabwicklung.
- Erstellen Sie einen Massnahmenplan für bereits identifizierte Schwachstellen, um Ihre Proaktivität zu demonstrieren.
Wie beeinflussen Zölle und Handelskriege Ihre Beschaffung aus Fernost?
Die globale Beschaffung, insbesondere aus Fernost, ist für viele Schweizer Unternehmen ein zentraler Pfeiler ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Gleichzeitig birgt sie durch Zölle, Handelskonflikte und geopolitische Spannungen erhebliche Risiken. Die Zolltarife sind kein statisches Gebilde; sie können sich kurzfristig ändern und die Kalkulation eines Produkts über Nacht zunichtemachen. Die Handelsbeziehungen der Schweiz sind global und komplex; so exportierte die Schweiz beispielsweise laut einer Erhebung für das Jahr 2024 Waren im Wert von 52,7 Milliarden CHF in die USA, was die Verflechtung mit grossen Wirtschaftsräumen verdeutlicht. Spannungen in einer Region können sich schnell auf andere auswirken.
Ein entscheidendes Instrument zur Minderung dieser Risiken sind die Freihandelsabkommen (FHA), die die Schweiz mit zahlreichen Ländern und Staatengemeinschaften (via EFTA) abgeschlossen hat. Diese Abkommen ermöglichen den Import von Waren zu reduzierten Zollsätzen oder sogar gänzlich zollfrei. Dies stellt einen erheblichen Kostenvorteil dar und kann die Wahl eines Lieferanten massgeblich beeinflussen. Um von diesen Vorteilen zu profitieren, muss die Ware jedoch nachweislich die Ursprungsregeln des jeweiligen Abkommens erfüllen.
Die strategische Nutzung von FHA ist somit ein wichtiger Bestandteil des Supply Chain Managements. Bei der Auswahl von Lieferanten in Asien sollte geprüft werden, ob ein FHA mit dem entsprechenden Land besteht (z.B. mit China, Vietnam oder Südkorea) und ob der Lieferant in der Lage ist, die notwendigen Ursprungsnachweise korrekt auszustellen. Die potenziellen Ersparnisse sind, wie die folgende Tabelle zeigt, signifikant.
| Produkt | Herkunftsland | Zollsatz ohne FHA | Zollsatz mit FHA | Ersparnis |
|---|---|---|---|---|
| Velo (8712.00) | China | 14% | 0% (EFTA-China FHA) | 14% |
| Textilien | Vietnam | 8-12% | 0% (EFTA-Vietnam) | 8-12% |
| Elektronik | Indien | 5-8% | Reduziert | 3-5% |
Diese Zolleinsparungen können direkt in die Marge fliessen oder zur Steigerung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit genutzt werden. Die Nichtbeachtung dieser Möglichkeiten ist ein strategischer Nachteil.
Das Wichtigste in Kürze
- Proaktives Risikomanagement: Betrachten Sie Compliance nicht als administrative Last, sondern als strategisches Instrument zur Absicherung Ihres Unternehmens vor finanziellen und reputativen Schäden.
- Kenne Deinen Kunden und Dein Produkt: Eine lückenlose Überprüfung von Geschäftspartnern (Sanktionslisten) und eine präzise Klassifizierung Ihrer Güter (Dual-Use) sind die Grundpfeiler jeder robusten Exportkontrolle.
- Dokumentation ist alles: Ein sauber dokumentierter Prozess (z.B. im Rahmen eines ICP) ist im Falle einer Prüfung durch SECO oder BAZG Ihr stärkster Trumpf und kann über Strafmilderung oder Freispruch entscheiden.
Supply Chain Risk Management: Wie sichern Sie sich gegen den Ausfall Ihres Hauptlieferanten ab?
Der Ausfall eines Hauptlieferanten ist eines der grössten Risiken für produzierende Unternehmen. Die Ursachen können vielfältig sein: Naturkatastrophen, politische Instabilität, Insolvenz oder – wie die letzten Jahre gezeigt haben – Pandemien. Ein robustes Supply Chain Risk Management zielt darauf ab, diese Risiken zu identifizieren, zu bewerten und durch gezielte Massnahmen zu mitigieren. Eine zentrale Strategie ist die Diversifizierung der Lieferantenbasis, um die Abhängigkeit von einem einzigen Partner zu reduzieren („Single Sourcing“ vermeiden).
Aus der Perspektive der Zoll- und Exportkontrolle bringt die Aufnahme eines neuen Lieferanten jedoch eigene Herausforderungen mit sich. Es reicht nicht, einen alternativen Hersteller mit der passenden Qualität und dem richtigen Preis zu finden. Der neue Partner muss auch die Compliance-Anforderungen für den Export in die Schweiz erfüllen können. Andernfalls drohen die durch den Lieferantenausfall gewonnenen Probleme lediglich durch neue, zollbedingte Probleme ersetzt zu werden. Kann der neue Lieferant beispielsweise keinen gültigen Präferenznachweis ausstellen, können plötzlich hohe Zölle anfallen, die die gesamte Kalkulation zunichtemachen.
Bei der Evaluation neuer Lieferanten sollte daher immer eine Compliance-Due-Diligence durchgeführt werden. Ein wichtiger Indikator für die Zuverlässigkeit eines Lieferanten ist beispielsweise die AEO-Zertifizierung (Authorised Economic Operator). Ein AEO-zertifiziertes Unternehmen gilt bei den Zollbehörden als besonders zuverlässig und vertrauenswürdig, was zu schnelleren und einfacheren Zollabwicklungen führen kann. Die folgende Checkliste hilft dabei, die Compliance-Reife eines potenziellen neuen Lieferanten zu beurteilen:
- Hat der Lieferant Erfahrung mit Exporten in die Schweiz?
- Kann er einen gültigen Präferenznachweis (z.B. EUR.1) für die Nutzung von Freihandelsabkommen ausstellen?
- Ist er in seinem Land als AEO (Authorised Economic Operator) zertifiziert?
- Verfügt er über ein dokumentiertes internes Compliance-Programm (ICP)?
- Kennt er die Schweizer Dual-Use-Bestimmungen für seine Produkte?
Die Integration dieser Fragen in den Auswahlprozess für neue Lieferanten stärkt die Lieferkettenresilienz. Sie stellen sicher, dass Ihre Lieferkette nicht nur operativ, sondern auch aus Compliance-Sicht robust und widerstandsfähig ist.
Um diese Grundsätze wirksam in Ihrem Unternehmen zu verankern, ist der nächste logische Schritt die systematische Etablierung oder Überprüfung Ihres internen Compliance-Programms (ICP). Beginnen Sie noch heute damit, Ihre Prozesse zu analysieren und eine Kultur der Sorgfaltspflicht zu fördern.