
Der Schlüssel zur Abwehr ungerechtfertigter Schadensersatzforderungen liegt nicht in der reaktiven Dokumentation von Schäden, sondern im proaktiven Aufbau einer ununterbrochenen Beweiskette für den einwandfreien Zustand Ihrer Ware an jedem Haftungsübergang.
- Systematische Fotodokumentation vor der Verladung beweist den Ausgangszustand.
- Rechtssichere Vermerke auf dem Frachtbrief und die Einhaltung der Schweizer Rügefristen (OR/CMR) sind entscheidend.
- Digitale Werkzeuge mit Zeitstempeln und präzise Wareneingangskontrollen schliessen die Beweiskette.
Empfehlung: Etablieren Sie die hier beschriebenen Protokolle als festen Standard in Ihrem Lager, um Ihre rechtliche Position fundamental zu stärken und Kosten durch ungerechtfertigte Ansprüche zu eliminieren.
Als Lagerleiter kennen Sie die Frustration: Eine Sendung kommt beschädigt an oder ein Kunde meldet einen Schaden, und schnell zeigt der Finger auf Ihr Lager. Sie sind sich sicher, dass die Ware Ihr Haus in einwandfreiem Zustand verlassen hat, doch der Beweis fehlt. Es beginnt ein zermürbender Prozess, der oft mit finanziellen Verlusten und einem Gefühl der Ohnmacht endet, weil Sie für Schäden haften, die Sie nicht verursacht haben.
Viele Ratgeber empfehlen dann pauschal, „Fotos zu machen“ oder „den Schaden auf dem Lieferschein zu vermerken“. Diese Ratschläge sind zwar nicht falsch, aber sie greifen zu kurz. Sie behandeln das Symptom, nicht die Ursache. Sie sind reaktive Massnahmen in einem Spiel, das Sie bereits zu verlieren drohen. Doch was wäre, wenn Sie das Spiel gar nicht erst mitspielen müssten? Was, wenn der Fokus nicht auf dem Nachweis eines Schadens, sondern auf dem lückenlosen Beweis eines einwandfreien Zustands liegen würde?
Die wahre Lösung liegt in einer strategischen Verschiebung Ihrer Denkweise: Weg von der punktuellen Schadensdokumentation, hin zum Aufbau einer ununterbrochenen, prozessualen Beweiskette. Es geht darum, jeden kritischen Punkt, an dem die Haftung übergeht – den sogenannten Gefahrenübergang – so präzise zu dokumentieren, dass Zweifel an Ihrer Sorgfalt gar nicht erst aufkommen. Dieser Ansatz wandelt eine defensive Last in ein proaktives Instrument der Risikokontrolle um.
Dieser Artikel führt Sie durch die entscheidenden Etappen zum Aufbau einer solchen wasserdichten Beweiskette. Wir zeigen Ihnen, welche spezifischen Handlungen an jedem Übergabepunkt notwendig sind, wie Sie die rechtlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz zu Ihrem Vorteil nutzen und wie moderne Technologien Sie dabei unterstützen, Ihre Position unangreifbar zu machen.
Die folgenden Abschnitte bieten Ihnen einen detaillierten Fahrplan, um die Kontrolle zurückzugewinnen. Jeder Schritt ist ein wesentliches Glied in Ihrer Kette der Beweissicherung, die Sie vor ungerechtfertigten Forderungen schützt.
Inhaltsverzeichnis: Ihr Weg zur lückenlosen Zustandsdokumentation
- Welche 4 Fotos müssen Sie von jeder Palette machen, bevor sie auf den LKW geht?
- Wie dokumentieren Sie den Gefahrenübergang rechtssicher auf dem Frachtbrief?
- Welche Fristen gelten in der Schweiz für Schäden, die man von aussen nicht sieht?
- Papierlos quittieren: Welche Apps werden vor Gericht als Beweis anerkannt?
- Was muss der Lagerist prüfen, bevor er „rein“ unterschreibt?
- Packliste vs. Handelsrechnung: Warum Abweichungen im Bruttogewicht Verdacht erregen
- An welchem geografischen Punkt genau geht das Risiko bei DAP auf Sie über?
- Supply Chain Risk Management: Wie sichern Sie sich gegen den Ausfall Ihres Hauptlieferanten ab?
Welche 4 Fotos müssen Sie von jeder Palette machen, bevor sie auf den LKW geht?
Der erste und wichtigste Schritt zur Abwehr ungerechtfertigter Ansprüche ist der Beweis, dass die Ware Ihr Lager in perfektem Zustand verlassen hat. Ein einfaches Foto reicht hier nicht aus. Sie benötigen eine systematische Fotodokumentation, die als erstes, unerschütterliches Glied in Ihrer Beweiskette dient. Es geht nicht nur darum, was Sie fotografieren, sondern auch wie. Ziel ist es, den Zustand so zu erfassen, dass eine spätere Manipulation der Ladung visuell nachvollziehbar wird. Unternehmen mit einem solchen systematischen Vorgehen verbessern ihre Position bei Entschädigungsforderungen erheblich.
Anstatt willkürlich zu knipsen, folgen Sie einem festen Protokoll. Dieses Vorgehen demonstriert prozessuale Disziplin und liefert Ihnen im Streitfall entscheidendes Beweismaterial. Die Metadaten der Fotos, insbesondere der Zeitstempel und idealerweise die GPS-Koordinaten, sind dabei genauso wichtig wie das Bild selbst. Sie verankern den Zustand der Ware fälschungssicher in Zeit und Raum. Der Titel fragt nach vier Fotos, doch eine rechtssichere Praxis erfordert fünf Perspektiven, um alle potenziellen Schwachstellen abzudecken und eine lückenlose Zustandsübergabe zu beweisen.
Ihre 5-Foto-Checkliste für eine rechtssichere Palettendokumentation
- Gesamtansicht von vorne: Erfassen Sie die Palette komplett mit sichtbarem Label. Achten Sie darauf, dass Ihre Kamera so eingestellt ist, dass unveränderliche EXIF-Metadaten (Zeitstempel + GPS) gespeichert werden.
- Detailaufnahme des Verschlusses/Siegels: Fotografieren Sie das Siegel oder den Verschluss aus der Nähe. Dies dient als Beweis für die ursprüngliche Integrität der Sendung.
- Seitenansicht zur Stabilität: Eine Aufnahme von der Seite dokumentiert die Stabilität der Folie und die Stapelung der Ware. Instabilitäten oder Verschiebungen können so später einer unsachgemässen Ladungssicherung durch den Frachtführer zugeordnet werden.
- Aufnahme der unteren Palettenecke: Fotografieren Sie von unten nach oben entlang einer Ecke. Diese Perspektive deckt oft verdeckte Schäden auf, die durch Gabelstapler verursacht, aber nicht sofort ersichtlich sind.
- Palette auf der Ladefläche: Das letzte Foto zeigt die Palette bereits auf dem LKW, bevor weitere Waren zugeladen werden. Dies ist der visuelle Beweis für den erfolgreichen Gefahrenübergang an den Spediteur.
Diese visuelle Dokumentation ist Ihre erste Verteidigungslinie. Sie beweist nicht nur den Zustand, sondern auch Ihre Professionalität und Sorgfaltspflicht.
Wie dokumentieren Sie den Gefahrenübergang rechtssicher auf dem Frachtbrief?
Nachdem Sie den einwandfreien Zustand der Ware visuell festgehalten haben, folgt die juristische Formalisierung: die Übergabe an den Frachtführer. Der Frachtbrief (national) oder der CMR-Frachtbrief (international) ist hier das zentrale Dokument. Ihre Unterschrift oder die des Fahrers ist weit mehr als eine Quittung; sie ist die offizielle Bestätigung des Haftungsübergangs. Ein unbedacht gesetztes Autogramm kann Sie im Schadensfall teuer zu stehen kommen. Es ist entscheidend, genau zu verstehen, was mit dieser Unterschrift bestätigt wird.
Wenn der Fahrer die Ware ohne Beanstandung übernimmt und den Frachtbrief „rein“ unterzeichnet, bestätigt er damit, dass er die im Dokument genannte Anzahl an Packstücken in äusserlich einwandfreiem Zustand erhalten hat. Ihre Fotodokumentation untermauert diesen Zustand. Der Trend geht klar in Richtung Digitalisierung, wie es auch Experten aus der Logistikbranche betonen. Der elektronische Frachtbrief (eCMR) verspricht mehr Effizienz und eine noch sicherere, da digital nachvollziehbare, Dokumentation des Übergabeprozesses. Die Umstellung auf digitale Systeme wie den eCMR wird die Effizienz und Transparenz bei internationalen Strassentransporten deutlich steigern.

Das Bild verdeutlicht den kritischen Moment: Die penible Dokumentation auf dem Papier ist der Punkt, an dem die Verantwortung physisch und rechtlich den Besitzer wechselt. Ein klar formulierter Vorbehalt an dieser Stelle ist Ihre stärkste Waffe, falls Sie Unregelmässigkeiten bei der Anlieferung feststellen. Ohne einen solchen Vermerk wird es extrem schwierig, später zu beweisen, dass ein Schaden bereits vor Ihrer Annahme bestand.
Indem Sie diesen Prozess beherrschen, schliessen Sie ein weiteres Glied in Ihrer Beweiskette und verlagern die Haftung dorthin, wo sie hingehört: zum verantwortlichen Frachtführer.
Welche Fristen gelten in der Schweiz für Schäden, die man von aussen nicht sieht?
Die grösste Gefahr für einen Lagerleiter lauert oft im Verborgenen. Ein äusserlich intaktes Paket kann beschädigten Inhalt verbergen – ein sogenannter „verdeckter Schaden“. Wenn dieser erst Tage später beim Auspacken entdeckt wird, ist schnelles und korrektes Handeln gefragt. Das Versäumen der gesetzlichen Meldefristen (Rügefristen) führt fast immer zum vollständigen Verlust jeglicher Schadensersatzansprüche, selbst wenn Sie den Schaden nicht verursacht haben. Für Sie als Lagerleiter in der Schweiz ist es unerlässlich, die geltenden Fristen genau zu kennen.
Dabei ist zu unterscheiden, ob es sich um einen nationalen oder einen grenzüberschreitenden Transport handelt. Je nachdem findet das Schweizer Obligationenrecht (OR) oder das internationale CMR-Übereinkommen Anwendung, welche unterschiedliche Fristen vorsehen. Die Kenntnis dieser Nuancen ist Teil Ihrer professionellen Sorgfaltspflicht und schützt Ihr Unternehmen vor erheblichen Verlusten. Die folgende Übersicht zeigt die entscheidenden Fristen, die Sie unbedingt einhalten müssen.
Diese Fristen sind absolut und nicht verhandelbar. Eine rechtzeitige und formgerechte Mängelrüge ist die einzige Möglichkeit, Ihre Ansprüche bei verdeckten Schäden zu wahren, wie eine detaillierte Analyse des Schweizer Transportrechts bestätigt.
| Rechtsgrundlage | Frist für verdeckte Mängel | Beginn der Frist | Anwendungsbereich |
|---|---|---|---|
| Art. 452 OR (Schweiz national) | 8 Tage | Nach Ablieferung | Nationale Transporte in der Schweiz |
| Art. 30 CMR (international) | 7 Tage | Nach Ablieferung | Grenzüberschreitende Transporte |
| Bundesgerichtsentscheid | 7 Tage | Nach Entdeckung | Zusätzliche Frist nach Entdeckung |
Handeln Sie bei Verdacht auf einen verdeckten Schaden sofort. Dokumentieren Sie den Fund, informieren Sie den Frachtführer schriftlich und halten Sie die Ware zur Besichtigung bereit. Nur so bleibt Ihre Beweiskette intakt.
Papierlos quittieren: Welche Apps werden vor Gericht als Beweis anerkannt?
Die Digitalisierung revolutioniert die Logistik und bietet enorme Chancen für eine lückenlose Beweisführung. Papierlose Prozesse sind nicht nur effizienter, sondern können auch eine höhere Beweiskraft haben als herkömmliche Dokumente – vorausgesetzt, man setzt auf die richtige Technologie. Eine einfache Foto-App oder ein gescanntes PDF reichen vor Gericht oft nicht aus, da sie zu leicht manipulierbar sind. Der wahre Wert digitaler Lösungen liegt in der Garantie der digitalen Unveränderbarkeit. Der Umstieg auf digitale Frachtbriefe (eCMR) kann enorme Vorteile bringen; so wurde in ersten Tests mit dem eCMR-Standard ein Zeitgewinn von bis zu 60 % bei der Abwicklung festgestellt.
Gerichtlich anerkannte Beweiskraft erlangen digitale Dokumente vor allem dann, wenn sie über fälschungssichere Zeitstempel und eine nachvollziehbare, unveränderliche Historie verfügen. Technologien wie die Blockchain sind hier wegweisend. Sie erstellen eine Kette von Datenblöcken, bei der jede neue Information (z.B. eine Unterschrift, ein Foto, eine Temperaturmessung) kryptografisch mit der vorherigen versiegelt wird. Eine nachträgliche Änderung ist praktisch unmöglich, ohne die gesamte Kette zu brechen, was sofort sichtbar wäre. Solche Systeme bieten die höchste Form der Beweissicherheit.

Anstatt sich auf eine bestimmte App zu verlassen, sollten Sie bei der Auswahl einer digitalen Lösung auf die zugrundeliegende Technologie achten. Fragen Sie den Anbieter: Wie wird die Unveränderlichkeit der Daten sichergestellt? Werden qualifizierte elektronische Signaturen nach eIDAS-Verordnung (in Europa) oder dem Schweizer ZertES verwendet? Ist der gesamte Prozess von der Erstellung bis zur Archivierung lückenlos nachvollziehbar? Nur wenn diese Kriterien erfüllt sind, schaffen Sie einen digitalen Beweis, der auch einer rechtlichen Prüfung standhält.
Die Investition in eine solche Technologie ist eine Investition in die Sicherheit und Wehrhaftigkeit Ihres Unternehmens gegen ungerechtfertigte Ansprüche.
Was muss der Lagerist prüfen, bevor er „rein“ unterschreibt?
Der Moment der Warenannahme ist ein kritischer Haftungsübergang. Hier wechselt die Verantwortung vom Frachtführer auf Ihr Unternehmen. Eine vorschnelle Unterschrift ohne gründliche Prüfung kann katastrophale Folgen haben. Wenn Ihr Lagerist den Empfang „rein“, also ohne Vorbehalt, quittiert, bestätigt er damit den ordnungsgemässen Zustand der Sendung. Spätere Reklamationen wegen äusserlich erkennbarer Schäden sind dann kaum noch durchsetzbar. Daher ist eine systematische und disziplinierte Wareneingangskontrolle unerlässlich.
Um diesen Prozess zu standardisieren und Fehler zu vermeiden, hat sich die „SINN“-Prüfung als einfache, aber effektive Methode bewährt. Diese Checkliste stellt sicher, dass alle wesentlichen Aspekte vor der Unterschrift kontrolliert werden.
- S – Sichtprüfung: Kontrollieren Sie die Verpackung systematisch auf äussere Mängel. Suchen Sie aktiv nach Löchern, Rissen, eingedrückten Stellen, Nässe oder Spuren von ausgelaufener Flüssigkeit.
- I – Integrität: Überprüfen Sie die Stabilität der Ladung auf der Palette. Ist die Folie intakt? Sind die Versiegelungen, Klebebänder oder Umreifungen unversehrt?
- N – Nummer: Gleichen Sie die Anzahl der gelieferten Packstücke (Paletten, Kartons) exakt mit den Angaben auf dem Frachtbrief ab. Bei Abweichungen ist sofort ein Vorbehalt anzubringen.
- N – Neutralität: Achten Sie auf Auffälligkeiten. Gibt es fremde Labels, die auf eine Falschlieferung hindeuten? Sehen Sie Zeichen, die auf eine Manipulation oder ein unbefugtes Öffnen der Sendung hindeuten könnten?
Stellt Ihr Mitarbeiter bei dieser Prüfung eine Unregelmässigkeit fest, darf er niemals rein quittieren. Stattdessen muss ein präziser Vorbehalt auf dem Frachtbrief (sowohl auf dem Exemplar des Fahrers als auch auf Ihrem) vermerkt werden. Der Schweizer Konsumentenschutz empfiehlt hierzu eine klare Formulierung, die auch für den B2B-Bereich adaptierbar ist. Eine solche Notiz sichert Ihre Rechte und eröffnet das Fenster für eine spätere Schadensmeldung.
Weil das Paket äusserliche Beschädigungen aufweist, behalte ich mir eine Meldung von Transportschäden vor.
– Konsumentenschutz Schweiz, Empfohlene Formulierung für Vorbehalte
Nur so stellen Sie sicher, dass Sie nicht die Haftung für Schäden übernehmen, die auf dem Transportweg entstanden sind.
Packliste vs. Handelsrechnung: Warum Abweichungen im Bruttogewicht Verdacht erregen
In einer lückenlosen Beweiskette zählt jedes Detail. Während sich viele auf die visuelle Inspektion konzentrieren, wird ein entscheidender Datenpunkt oft übersehen: das Bruttogewicht. Eine Diskrepanz zwischen dem auf der Packliste deklarierten Gewicht und dem auf der Handelsrechnung angegebenen Gewicht ist mehr als nur ein Tippfehler. Für Zollbehörden wie das Schweizer Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) und für Versicherungen ist es ein massives Warnsignal, das die Glaubwürdigkeit der gesamten Sendung untergraben kann.
Warum ist das so? Eine Gewichtsabweichung kann auf verschiedene Probleme hindeuten: eine Falschdeklaration der Ware, um Zölle zu umgehen, fehlende Teile in der Sendung oder sogar den Diebstahl von Inhalten. Selbst wenn der Grund harmlos ist, wirft die Inkonsistenz einen Schatten des Zweifels auf Ihre gesamte Dokumentation. Im Streitfall kann ein Gegner argumentieren: „Wenn schon das Gewicht nicht stimmt, wie können wir dann den anderen Angaben vertrauen?“ Ihre sorgfältig aufgebaute Beweiskette bekommt einen Riss.
Die prozessuale Disziplin erfordert daher, dass diese beiden Dokumente vor dem Versand akribisch abgeglichen werden. Die Packliste dokumentiert den physischen Inhalt, während die Handelsrechnung die finanzielle Transaktion abbildet. Beide müssen dieselbe Geschichte erzählen – auch auf der Waage.
Fallstudie: Wie präzise Gewichtsdokumentation bei Neutromedics Probleme verhindert
Das Unternehmen Neutromedics aus Cham in der Schweiz versendet jährlich über 5000 Pakete mit hochsensiblen humanen Implantaten, die bei -80°C transportiert werden müssen. Wie in einem Bericht beschrieben wird, ist für sie die präzise Gewichtsdokumentation ein zentraler Bestandteil des Risikomanagements. Jede Abweichung zwischen Packliste und Handelsrechnung wird sofort identifiziert. Dieses Vorgehen verhindert nicht nur potenzielle Schwierigkeiten mit dem BAZG, sondern stärkt auch massiv die Position bei Versicherungsansprüchen. Eine konsistente Dokumentation beweist die Sorgfalt und Professionalität des Versenders und macht es für Versicherer oder Anspruchsteller schwierig, die Glaubwürdigkeit des Unternehmens infrage zu stellen.
Diese Liebe zum Detail unterscheidet einen amateurhaften Prozess von einer professionellen, unangreifbaren Beweisführung und schützt Sie vor Misstrauen und langwierigen Überprüfungen.
An welchem geografischen Punkt genau geht das Risiko bei DAP auf Sie über?
Die Verwendung von Incoterms wie „Delivered At Place“ (DAP) soll Klarheit schaffen, führt in der Praxis aber oft zu gefährlichen Missverständnissen. Bei der Klausel DAP geht das Risiko für Verlust oder Beschädigung der Ware an einem sehr spezifischen Punkt vom Verkäufer (bzw. dessen Frachtführer) auf Sie als Käufer über. Diesen Punkt exakt zu kennen und zu kontrollieren, ist für Sie als Lagerleiter von entscheidender Bedeutung. Es ist der Moment, in dem die Verantwortung buchstäblich vor Ihrer Tür auf Sie übergeht.
Bei DAP endet die Haftung des Verkäufers, wenn die Ware am benannten Bestimmungsort – also an Ihrer Rampe – auf dem ankommenden Transportmittel zur Entladung bereitgestellt wird. „Bereitgestellt“ bedeutet: Der LKW-Fahrer hat die Türen geöffnet und die Ware ist zugänglich, aber sie befindet sich noch auf dem LKW. Die Entladung selbst ist bereits Ihre Aufgabe und Ihr Risiko. Jeder Schaden, der während des Abladens durch Ihren Gabelstapler entsteht, geht zu Ihren Lasten. Der winzige Zeit- und Raumkorridor zwischen dem Öffnen der LKW-Türen und dem ersten Hub durch Ihren Stapler ist der entscheidende Punkt des Haftungsübergangs.
Hier müssen Sie Ihre Beweiskette schliessen. Bevor auch nur ein Packstück bewegt wird, muss eine Sichtprüfung der bereitgestellten Ware auf dem LKW erfolgen. Erst nach dieser Prüfung und der Dokumentation eventueller Schäden sollte der Fahrer die Annahme zur Entladung quittiert bekommen. Dieses Vorgehen mag den Prozess um wenige Minuten verzögern, sichert Sie aber gegen Ansprüche für Schäden ab, die bereits auf dem LKW vorhanden waren.
Ihr Aktionsplan für die Annahme unter DAP-Bedingungen
- Ware bereitgestellt: Stellen Sie sicher, dass die Ware auf dem LKW steht und die Türen für die Inspektion geöffnet sind. Der Prozess beginnt jetzt.
- Sichtprüfung auf dem LKW: Führen Sie eine gründliche Sichtprüfung der bereitgestellten Ladung durch, BEVOR die Entladung beginnt. Nutzen Sie eine starke Taschenlampe, um auch in dunklen Ecken Schäden zu erkennen.
- Quittung nach Prüfung: Lassen Sie den Fahrer erst NACH dieser Sichtprüfung ein Dokument unterzeichnen, das die „Annahme zur Entladung“ bestätigt. Vermerken Sie jegliche festgestellte Beschädigung als Vorbehalt.
- Risiko bei Entladung: Seien Sie sich bewusst: Sobald Ihr Gabelstapler die Palette anhebt, tragen Sie das Risiko für alle weiteren Vorkommnisse.
- Vertragliche Klarheit: Sorgen Sie dafür, dass die Incoterms-Klausel im Kaufvertrag explizit genannt wird, um eine klare Rechtsgrundlage nach Schweizer Auslegung zu haben.
Durch die Implementierung eines klaren Protokolls für diesen Moment verwandeln Sie einen potenziellen Schwachpunkt in einen starken Beweis für Ihre Sorgfalt.
Das Wichtigste in Kürze
- Proaktive Beweisführung: Bauen Sie eine lückenlose Beweiskette auf, die den einwandfreien Zustand der Ware an jedem Haftungsübergang belegt, anstatt nur Schäden reaktiv zu dokumentieren.
- Kritische Kontrollpunkte beherrschen: Die Fotodokumentation vor Versand, der rechtssichere Vermerk auf dem Frachtbrief und die disziplinierte Wareneingangskontrolle (z.B. nach DAP) sind unverhandelbar.
- Rechtliche Rahmenbedingungen nutzen: Die genaue Kenntnis und Einhaltung der Schweizer Rügefristen für verdeckte Schäden (OR/CMR) ist entscheidend, um Ansprüche nicht zu verlieren.
Supply Chain Risk Management: Wie sichern Sie sich gegen den Ausfall Ihres Hauptlieferanten ab?
Eine lückenlose Zustandsdokumentation ist weit mehr als nur ein Werkzeug zur Abwehr von Schadensersatzforderungen. Sie ist ein fundamentaler Baustein eines umfassenden Supply Chain Risk Managements. Während die bisherigen Punkte sich auf den Schutz vor Ansprüchen Dritter konzentrierten, entfaltet diese prozessuale Disziplin ihre Wirkung auch an anderer Stelle: bei der Absicherung gegen die Risiken in Ihrer eigenen Lieferkette, wie zum Beispiel dem Ausfall eines Hauptlieferanten.
Stellen Sie sich vor, Ihr wichtigster Lieferant gerät in finanzielle Schieflage oder erleidet einen Produktionsausfall. Sie sind gezwungen, schnell auf einen neuen, vielleicht weniger erprobten Partner umzusteigen. In einer solchen Phase des Übergangs und der Unsicherheit ist ein etabliertes, wasserdichtes Dokumentationssystem Ihr grösster Trumpf. Es erlaubt Ihnen, die Leistung des neuen Lieferanten von Tag eins an objektiv zu messen und zu bewerten. Sie können sofort feststellen, ob die Verpackungsqualität, die Ladungssicherung oder die Pünktlichkeit dem vereinbarten Standard entsprechen.
Diese datengestützte Kontrolle gibt Ihnen eine starke Verhandlungsposition und schützt Sie vor neuen, unbekannten Risiken. Mehr noch, die Fähigkeit, eine durchgehende, qualitativ hochwertige Dokumentation nachweisen zu können, wird von externen Partnern wie Banken und Versicherungen als Zeichen eines professionell geführten und risikoarmen Unternehmens gewertet. Es ist ein direktes Qualitätsmerkmal, das sich auch finanziell auszahlen kann.
Ein nachweislich funktionierendes System der lückenlosen Dokumentation senkt das Schadensrisiko und ist ein starkes Argument für niedrigere Prämien bei Schweizer Transportversicherern.
– Hanselmann, Versicherungsexperte Allianz Schweiz
Beginnen Sie noch heute damit, diese Prozesse als festen Standard in Ihrem Lager zu etablieren. Sie investieren damit nicht nur in die Abwehr von Forderungen, sondern in die Stabilität und finanzielle Gesundheit Ihrer gesamten Lieferkette.