Veröffentlicht am Mai 20, 2024

Die Verlagerung von Gütern auf die Schiene ist für Schweizer Unternehmen keine blosse Geste, sondern eine strategische Entscheidung mit messbarem CO2- und Kostenvorteil.

  • Die Bahn stösst pro Tonnenkilometer bis zu 20-mal weniger CO2 aus, primär dank des hohen Anteils an Wasserkraft im Schweizer Bahnstrommix.
  • Durch die Einsparung der LSVA (Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe) lassen sich pro alpenquerender LKW-Fahrt mehrere Hundert Franken direkt einsparen.

Empfehlung: Nutzen Sie die in diesem Artikel vorgestellten Daten und Werkzeuge, um den internen Business Case für eine schrittweise Verlagerung zu erstellen und Ihre CSR-Ziele zu übertreffen.

Als Nachhaltigkeitsmanager stehen Sie unter dem ständigen Druck, die Klimabilanz Ihres Unternehmens nachweislich zu verbessern. Die Logistik ist dabei oft einer der grössten Hebel – und zugleich eine der komplexesten Herausforderungen. Der Ruf nach einer Verlagerung von der Strasse auf die Schiene ist allgegenwärtig, doch oft bleibt es bei vagen Aussagen wie „die Bahn ist umweltfreundlicher“. Für eine fundierte strategische Entscheidung benötigen Sie jedoch mehr: konkrete Zahlen, finanzielle Anreize und praxistaugliche Lösungen für die operativen Hürden.

Dieser Artikel bricht mit den Oberflächlichkeiten. Wir tauchen tief in die spezifischen Gegebenheiten des Schweizer Güterverkehrs ein. Es geht nicht darum, den Lastwagen pauschal zu verurteilen, sondern darum, Ihnen als Entscheidungsträger eine datenbasierte Grundlage zu liefern. Die wahre Frage ist nicht *ob* die Bahn besser ist, sondern *wie viel* besser sie unter Schweizer Bedingungen ist und wie Sie diese Vorteile für Ihr Unternehmen nutzbar machen können.

Wir werden den CO2-Ausstoss konkret beziffern, das Sparpotenzial bei der LSVA aufzeigen und beweisen, dass die vermeintlichen Nachteile der Bahn wie mangelnde Flexibilität und Geschwindigkeit durch intelligente Planung und moderne Logistikkonzepte ausgeglichen werden können. Dieser Guide ist Ihr interner Business Case, um die Transportwende in Ihrem Unternehmen von einer vagen Idee in eine messbare und profitable Realität zu verwandeln.

Um Ihnen eine klare Übersicht zu bieten, gliedert sich dieser Artikel in präzise Themenblöcke. Jeder Teil beantwortet eine zentrale Frage, die sich bei der strategischen Planung des Modal Splits stellt, von der reinen Emissionsberechnung bis hin zur optimalen Routenwahl.

Fakten-Check: Wie viele Tonnen CO2 spart ein Zug von Genf nach St. Gallen gegenüber 40 LKWs?

Um die ökologische Vorteilhaftigkeit der Schiene zu quantifizieren, müssen wir über pauschale Aussagen hinausgehen. Der entscheidende Faktor ist der CO2-Ausstoss pro transportierter Tonne und Kilometer (Tonnenkilometer). Gemäss einer Nachhaltigkeitsanalyse emittiert ein Güterzug von SBB Cargo nur 14 Gramm CO2 pro Tonnenkilometer, während ein LKW bei rund 280 Gramm liegt. Das ist ein Unterschied um den Faktor 20. Dieser enorme Vorteil ist in der Schweiz besonders ausgeprägt, da das Schienennetz zu 100 Prozent elektrifiziert ist und der Bahnstrom laut SBB Cargo bereits heute zu 90 Prozent aus heimischer Wasserkraft stammt.

Rechnen wir das an einem konkreten Beispiel durch: Ein Güterzug kann die Ladung von rund 40 LKWs transportieren. Nehmen wir eine durchschnittliche Ladung von 20 Tonnen pro LKW an, transportiert der Zug also 800 Tonnen. Die Strecke von Genf nach St. Gallen beträgt rund 400 Schienenkilometer. Die Rechnung sieht wie folgt aus:

  • Zug: 800 Tonnen * 400 km * 14 g CO2/tkm = 4’480’000 g CO2 = 4,5 Tonnen CO2.
  • 40 LKWs: 800 Tonnen * 400 km * 280 g CO2/tkm = 89’600’000 g CO2 = 89,6 Tonnen CO2.

Die Einsparung auf dieser einzigen Fahrt beträgt also rund 85 Tonnen CO2. Das entspricht einer Reduktion von über 94 %. Hochgerechnet auf ein ganzes Jahr wird das Potenzial greifbar. So konnte SBB Cargo allein im Jahr 2024 nach eigenen Angaben durch ihre Transporte eine Reduktion von über 500’000 Tonnen CO2 im Vergleich zum Strassentransport erzielen. Für Ihr CSR-Reporting bedeutet dies, dass jede auf die Schiene verlagerte Tonne einen direkt quantifizierbaren und signifikanten Beitrag zu Ihren Klimazielen leistet.

Wie Sie durch die Bahnverlagerung Tausende Franken an Schwerverkehrsabgabe sparen

Neben dem ökologischen Vorteil bietet die Schienenverlagerung in der Schweiz einen direkten und signifikanten finanziellen Hebel: die Einsparung der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA). Diese Abgabe wird für alle LKW über 3,5 Tonnen auf dem gesamten Schweizer Strassennetz erhoben und bemisst sich nach Gewicht, Emissionsklasse und gefahrenen Kilometern. Jeder Kilometer, den Ihre Güter auf der Schiene statt auf der Strasse zurücklegen, ist ein Kilometer ohne LSVA-Kosten.

Die Höhe der Einsparung ist beträchtlich. Laut aktuellen Angaben basierend auf den LSVA-Tarifen kostet eine einzelne LKW-Fahrt von Basel nach Chiasso schnell bis zu 300 Franken. Wenn ein einziger Güterzug die Ladung von 40 Lastwagen ersetzt, beläuft sich die direkte LSVA-Einsparung für diese eine Fahrt auf rund 12’000 Franken. Für Unternehmen mit regelmässigen Transportvolumen, insbesondere im Transitverkehr, summieren sich diese Beträge zu Hunderttausenden oder gar Millionen von Franken pro Jahr. Dieser Betrag ist kein indirekter Vorteil, sondern eine direkte Reduktion Ihrer operativen Logistikkosten, die in jeder Bilanz sofort sichtbar wird.

Visualisierung der LSVA-Kostenersparnis bei Bahnverlagerung in den Schweizer Alpen

Es ist zudem wichtig zu verstehen, dass die LSVA die externen Kosten des Strassenverkehrs (z.B. durch Unfälle, Lärm, Stau und Gesundheitsschäden) nur teilweise deckt. Der finanzielle Anreiz zur Verlagerung ist also auch politisch gewollt, um eine fairere Kostenverteilung zwischen den Verkehrsträgern zu erreichen. Für Sie als Nachhaltigkeitsmanager ist dies ein starkes Argument: Die Verlagerung ist nicht nur ökologisch richtig, sondern auch ökonomisch rational, da Sie Kosten vermeiden, die der Strassentransport verursacht, aber nicht vollständig trägt.

Die folgende Tabelle verdeutlicht die Grössenordnung der LSVA und die noch immer bestehende Kostendifferenz im Strassengüterverkehr.

LSVA-Einnahmen und Kostendeckung im Strassengüterverkehr
Kennzahl Wert
Jährliche LSVA-Einnahmen ca. 1.6 Milliarden CHF
Kostendeckungsgrad Strassengüterverkehr 91%
Ungedeckte Kosten ca. 800 Millionen CHF

Hupac und Co.: Wie kommt der Container ohne Kranbahn vom Zug zum Kunden?

Eine der häufigsten Sorgen bei der Verlagerung auf die Schiene ist die „letzte Meile“. Ein Zug fährt von Terminal zu Terminal, aber wie gelangt die Ware von dort zum Lager des Kunden, wenn dieser keinen eigenen Gleisanschluss besitzt? Die Antwort liegt im kombinierten Verkehr (KV), einem in der Schweiz hochentwickelten und standardisierten System. Der KV ist das Rückgrat der modernen Schienenlogistik und löst das Problem der Tür-zu-Tür-Lieferung elegant.

Das Prinzip ist einfach: Die Güter werden in standardisierten Ladeeinheiten wie Containern, Wechselbrücken oder ganzen Sattelaufliegern transportiert. Diese Einheiten werden am Startort auf einen LKW geladen, zum nächsten Güterterminal gefahren und dort effizient per Kran auf einen Güterzug umgeladen. Auf der Langstrecke reisen sie umweltfreundlich per Bahn. Am Zielterminal erfolgt der Prozess umgekehrt: Die Einheit wird wieder auf einen LKW verladen, der den kurzen, flexiblen Transport zum Endempfänger übernimmt. Betreiber wie Hupac oder SBB Cargo haben diesen Prozess perfektioniert.

Die Dimensionen dieses Systems in der Schweiz sind beeindruckend und beweisen seine Praxistauglichkeit. Aktuelle Verkehrsstatistiken zeigen, dass bereits 2021 über 1,37 Millionen Container und Sattelauflieger auf diese Weise per Bahn befördert wurden, mit steigender Tendenz. Ein spezifisches Beispiel ist die „Rollende Autobahn“ (RoLa), bei der ganze Lastwagen für die alpenquerende Strecke auf spezielle Niederflurwagen verladen werden. Obwohl die RoLa konjunkturellen Schwankungen unterliegt, zeigt sie die Vielfalt der verfügbaren KV-Lösungen.

Für Ihre Planung bedeutet das: Der fehlende Gleisanschluss ist kein Hinderungsgrund. Das dichte Netz an Terminals in der Schweiz und die etablierten Prozesse des kombinierten Verkehrs ermöglichen eine nahtlose Integration der Schiene in Ihre bestehende Lieferkette. Sie nutzen die Stärken beider Systeme: die Effizienz und Ökologie der Bahn für die Langstrecke und die Flexibilität des LKW für die Feinverteilung.

Warum die Bahn starr ist und wie Sie diesen Nachteil in der Planung ausgleichen

Der wohl am häufigsten genannte Nachteil des Schienengüterverkehrs ist seine vermeintliche Starrheit. Züge fahren nach festen Fahrplänen auf einem fixen Schienennetz und können nicht so spontan umdisponiert werden wie ein LKW. Diese Wahrnehmung ist nicht falsch, aber sie ignoriert die massiven Fortschritte in der Digitalisierung und Planung, die diese Starrheit in einen kalkulierbaren und damit beherrschbaren Faktor verwandeln. Für Sie als Logistikplaner geht es nicht darum, die Starrheit zu leugnen, sondern sie proaktiv zu managen.

Moderne Schienengüterverkehrsunternehmen setzen auf eine Reihe von technologischen und prozessualen Innovationen, um die Flexibilität zu erhöhen. Digitale Buchungsplattformen erlauben kurzfristigere Kapazitätsanpassungen. Automatisierte Prozesse bei der Zugbildung und -abfertigung, wie die automatische Bremsprobe, verkürzen die Standzeiten in den Terminals erheblich. Adaptive Lenkungssysteme optimieren die Fahrprofile in Echtzeit, um Energie zu sparen und Fahrpläne zuverlässiger einzuhalten. Wie es SBB Cargo treffend formuliert:

Der Schienengüterverkehr kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten – vorausgesetzt, er wird modernisiert.

– SBB Cargo, SBB Cargo Blog zu Digitalisierung

Der Schlüssel zum Ausgleich der systembedingten Starrheit liegt in einer intelligenten und vorausschauenden Planung. Anstatt auf Ad-hoc-Transporte zu setzen, ermöglicht die Schiene eine Rhythmisierung der Warenströme. Durch die Einrichtung von Pufferlagern an strategischen Knotenpunkten und die feste Integration der Bahntransporte in die Produktions- und Distributionsplanung wird die Zuverlässigkeit des Systems zu einem Vorteil. Die Kombination mit flexiblen LKW-Transporten für die unplanbare „letzte Meile“ oder für zeitkritische Sondersendungen schafft ein robustes Gesamtsystem, das die Vorteile beider Welten vereint.

Ihr Aktionsplan: Flexibilität im Schienenverkehr optimieren

  1. Digitale Tools nutzen: Implementieren Sie digitale Buchungssysteme wie Cargo eBooking, um Kapazitäten kurzfristig zu buchen und anzupassen.
  2. Prozesse analysieren: Prüfen Sie mit Ihrem Logistikpartner, wo automatisierte Prozesse (z.B. automatische Bremsprobe) die Abfertigungszeiten an Terminals verkürzen können.
  3. Pufferlager evaluieren: Analysieren Sie, ob der Aufbau kleiner Pufferlager an strategischen Terminals die Resilienz Ihrer Lieferkette erhöhen und die Abhängigkeit von Just-in-Time-Lieferungen verringern kann.
  4. Hybride Modelle entwickeln: Planen Sie den Schienentransport als verlässliche Basis für 80% Ihres Volumens und behalten Sie flexible LKW-Kapazitäten für die restlichen 20% (Spitzen, Notfälle).
  5. Datenintegration vorantreiben: Integrieren Sie die Tracking- und ETA-Daten (Estimated Time of Arrival) des Schienenverkehrs in Ihr zentrales Planungssystem für volle Transparenz.

Wie der Post-Verkehr beweist, dass die Bahn auch über Nacht schnell sein kann

Das Vorurteil, die Bahn sei langsam, hält sich hartnäckig. Doch ein Blick auf einen der anspruchsvollsten Logistikbereiche der Schweiz – den Paket- und Briefverkehr der Post – beweist das Gegenteil. Nacht für Nacht nutzt die Schweizerische Post das Schienennetz, um Sendungen zwischen ihren grossen Sortierzentren in Härkingen, Frauenfeld und Daillens zu transportieren. Dieses System ist ein Paradebeispiel für Geschwindigkeit, Zuverlässigkeit und hohe Effizienz im Schienengüterverkehr.

Warum ist dieses Beispiel so aussagekräftig? Weil die Postlogistik extrem zeitkritisch ist. Ein Brief oder ein Paket, das heute aufgegeben wird, muss am nächsten Morgen beim Empfänger sein. Die Bahn ermöglicht es, riesige Mengen an Sendungen über Nacht gebündelt und staufrei über weite Strecken zu transportieren. Während der Strassenverkehr von Nachtfahrverboten, Staus und Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer beeinflusst wird, fährt der Güterzug mit konstanter Geschwindigkeit durch die Nacht. Dies macht die Schiene auf vielen Relationen nicht nur ökologischer, sondern de facto sogar schneller und planbarer als den LKW.

Nächtlicher Güterzug der Schweizer Post in Bewegung, Symbol für Geschwindigkeit und Effizienz.

Dieses Prinzip ist nicht auf die Post beschränkt. Viele Unternehmen nutzen den Nachtsprung auf der Schiene, um ihre Waren über Nacht zwischen Wirtschaftsräumen zu bewegen. Die Güter werden abends verladen, reisen nachts und stehen am nächsten Morgen am Zielterminal zur Feinverteilung bereit. Dieser Prozess integriert sich perfekt in viele Produktions- und Handelszyklen. Die Leistungsdaten von SBB Cargo, die täglich rund 175’000 Tonnen Güter bewegen und damit das Strassennetz um ca. 15’000 LKW-Fahrten entlasten, unterstreichen das enorme Volumen, das zuverlässig über die Schiene abgewickelt wird. Für Ihre Logistikplanung bedeutet dies: Evaluieren Sie die Möglichkeit des Nachtsprungs. Es könnte die schnellste, zuverlässigste und zugleich grünste Option für Ihre nationalen Transporte sein.

Wann lohnt sich der Umschlag auf die Schiene für die Strecke Basel-Mailand?

Die Strecke Basel–Mailand ist eine der wichtigsten Nord-Süd-Achsen im europäischen Güterverkehr. Für ein in der Schweiz tätiges Unternehmen ist die Frage, wann sich hier die Verlagerung lohnt, von zentraler strategischer Bedeutung. Die kurze Antwort: fast immer. Der alpenquerende Güterverkehr durch die Schweiz ist das Paradebeispiel für eine erfolgreiche Verlagerungspolitik, angetrieben durch massive Infrastrukturinvestitionen wie die NEAT (Neue Eisenbahn-Alpentransversale) mit dem Gotthard- und Lötschberg-Basistunnel.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Der Bahnanteil am alpenquerenden Güterverkehr erreichte zuletzt beeindruckende 74,3 % – der höchste Wert seit 25 Jahren. Dies zeigt, dass die Schiene hier nicht die Alternative, sondern der Standard ist. Der Grund dafür ist eine Kombination aus mehreren Faktoren: Die Bahninfrastruktur ist extrem leistungsfähig, die Fahrzeiten sind kurz und die LSVA macht den reinen Strassentransport über die Alpen vergleichsweise teuer. Die politische Zielsetzung untermauert diesen Trend. Das gesetzliche Verlagerungsziel sieht eine Obergrenze von 650’000 alpenquerenden LKW-Fahrten pro Jahr vor. Auch wenn dieses Ziel mit zuletzt 863’000 Fahrten noch nicht ganz erreicht ist, zeigt der Rückgang von über 1,4 Millionen Fahrten im Jahr 2000 die klare Richtung.

Für Sie als Nachhaltigkeitsmanager bedeutet das: Wenn Ihre Güter die Alpen überqueren müssen, ist der Schienentransport im kombinierten Verkehr die logische Wahl. Der Umschlag lohnt sich bereits ab dem ersten Container. Die Infrastruktur ist vorhanden, die Prozesse sind etabliert und die Kosten-Nutzen-Rechnung ist sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht eindeutig positiv. Ein Verzicht auf die Schiene auf dieser Relation wäre eine verpasste Chance zur Optimierung von Kosten und CO2-Bilanz und müsste intern gut begründet werden.

Die Entscheidung für die Schiene auf der Transversale Basel-Mailand ist also weniger eine Frage des „Ob“, sondern des „Wie“. Es geht darum, den richtigen Logistikpartner zu finden und die eigenen Prozesse nahtlos an die etablierten Terminals in Basel (als Tor zum Norden) und Norditalien anzubinden.

Wie Sie durch Routenwahl Ihre Emissionsziele erreichen, ohne langsamer zu sein

Die Entscheidung für oder gegen die Schiene ist keine pauschale, sondern eine routenspezifische. Als Nachhaltigkeitsmanager ist es Ihre Aufgabe, nicht nur zu verlagern, sondern intelligent zu verlagern. Das Ziel ist es, die Emissionsziele zu erreichen, ohne dabei die Effizienz der Lieferkette zu kompromittieren. Moderne Planungstools und ein klares Verständnis der Transportketten sind hierfür unerlässlich. Die gute Nachricht: Oftmals ist die emissionsärmste Route nicht die langsamste.

Der erste Schritt ist die Transparenz. Sie müssen die CO2-Bilanz Ihrer aktuellen Transportrouten kennen. Tools wie EcoTransIT World ermöglichen es, die Emissionen verschiedener Transportketten (reine Strasse, reiner Schiene, kombinierter Verkehr) exakt zu berechnen und zu vergleichen. Diese Daten sind die Grundlage für jede Optimierung und unerlässlich für Ihr CSR-Reporting sowie für Zertifizierungen nach Normen wie ISO 14001. Die Auswahl von Terminals mit optimaler geografischer Lage kann die zu fahrenden Strassenkilometer für die erste und letzte Meile minimieren und so die Gesamtbilanz entscheidend verbessern.

Die Optimierung geht über reine CO2-Werte hinaus. Bei Langstreckenvergleichen müssen auch die gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten für LKW-Fahrer berücksichtigt werden. Eine LKW-Fahrt von 1’000 km erfordert mindestens eine lange Pause, was den Transport über 24 Stunden oder länger strecken kann. Ein Güterzug im Nachtsprung legt dieselbe Distanz oft in 12-15 Stunden zurück. Hier wird die vermeintlich langsamere Bahn zur schnelleren Alternative. Durch die Verlagerung auf die Schiene werden also nicht nur direkt Emissionen vermieden, sondern auch die Resilienz und Planbarkeit der Lieferkette erhöht. Das Gesamtpotenzial ist immens: Durch die bestehende Verlagerung werden in der Schweiz laut SBB bereits heute jährlich rund 5 Millionen Tonnen CO2 vermieden, was etwa 10% der landesweiten Gesamtemissionen entspricht.

Hier sind die entscheidenden Schritte zur emissionsoptimierten Routenplanung:

  • Emissionsberechnung: Nutzen Sie Tools wie EcoTransIT World zur detaillierten Berechnung und zum Vergleich Ihrer Transportketten.
  • Ganzheitlicher Vergleich: Vergleichen Sie nicht nur die CO2-Bilanzen, sondern auch die Gesamtlaufzeiten inklusive Lenk- und Ruhezeiten (LKW) vs. Terminal-Standzeiten (Bahn).
  • Terminal-Optimierung: Wählen Sie im kombinierten Verkehr die Terminals so, dass die vor- und nachgelagerten Strassenkilometer minimiert werden.
  • Datenintegration: Integrieren Sie die verifizierten Emissionsdaten in Ihre Nachhaltigkeitsberichte, um den Erfolg Ihrer Massnahmen transparent zu machen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Massiver CO2-Vorteil: Dank des Schweizer Strommixes stösst die Bahn pro Tonnenkilometer bis zu 20-mal weniger CO2 aus als ein LKW.
  • Direkte Kostenersparnis: Die Verlagerung auf die Schiene spart auf Hauptrouten Tausende Franken an LSVA pro Zug im Vergleich zu den entsprechenden LKW-Fahrten.
  • Operativ machbar: Der hochentwickelte kombinierte Verkehr in der Schweiz löst das „letzte Meile“-Problem und macht die Bahn auch ohne direkten Gleisanschluss nutzbar.

Optimale Transportrouten für den Export: Bahn, LKW oder Rhein?

Bei der Planung von Exportrouten ab der Schweiz, insbesondere ab der Wirtschaftsregion Basel, erweitert sich der Modal Split um eine dritte, leistungsfähige Option: die Rheinschifffahrt. Als Nachhaltigkeitsmanager müssen Sie eine trimodale Entscheidung treffen. Jeder Verkehrsträger hat spezifische Stärken und Schwächen, die es je nach Zieldestination, Warenart und Dringlichkeit abzuwägen gilt.

Der LKW bleibt der unangefochtene Champion der Flexibilität und ist für kleinteilige, zeitkritische oder schlecht angebundene Destinationen oft die einzige Wahl. Sein ökologischer Fussabdruck und die hohen Kosten auf Langstrecken (LSVA, Maut, Treibstoff) sind jedoch seine grössten Nachteile. Die Bahn, wie wir gesehen haben, ist der Star in Sachen CO2-Effizienz und Kosteneffizienz auf den grossen Landkorridoren, insbesondere im alpenquerenden Verkehr. Ihre Stärke liegt im Transport grosser, gebündelter Mengen über mittlere bis lange Distanzen.

Das Binnenschiff auf dem Rhein bietet eine oft übersehene, aber äusserst potente Alternative für Transporte Richtung Norden (Deutschland, Benelux-Häfen Rotterdam/Antwerpen). Es ist der ungeschlagene Meister im Massenguttransport. Ein einziges Schiff kann die Ladung von Dutzenden Zügen oder Hunderten LKWs aufnehmen. In puncto Energieeffizienz und CO2-Ausstoss pro Tonnenkilometer liegt es zwischen Bahn und LKW, ist aber deutlich besser als die Strasse. Sein Nachteil ist die Geschwindigkeit und die Abhängigkeit vom Wasserstand des Rheins. Für nicht zeitkritische Massengüter ist es jedoch oft die kostengünstigste und eine sehr umweltfreundliche Option.

Fallbeispiel: Gateway Basel Nord

Das Projekt Gateway Basel Nord ist die physische Manifestation dieser trimodalen Strategie. Als geplantes trimodales Umschlagterminal für Schiene, Strasse und Rhein soll es die drei Verkehrsträger optimal miteinander verknüpfen. Das erklärte Ziel ist, dass mindestens 50 Prozent der Containerverkehre von und nach der Schweiz über die Schiene abgewickelt werden. Dies hat das Potenzial, jährlich über 100’000 LKW-Fahrten zu vermeiden und damit die CO2-Emissionen um rund 10’000 Tonnen zu senken. Solche Infrastrukturprojekte zeigen, dass die Zukunft der Logistik nicht in der Konkurrenz, sondern in der intelligenten Kombination der Verkehrsträger liegt.

Die folgende Übersicht fasst die wichtigsten Merkmale der drei Verkehrsträger zusammen:

Vergleich der Güterverkehrsträger in der Schweiz
Verkehrsträger Marktanteil Güterverkehr CH (tkm) CO2 pro tkm (ca.) Energieeffizienz (vs. LKW)
Schiene 37.5% 14g 5x effizienter
Strasse (LKW) 62.5% 280g Referenzwert
Rheinschifffahrt k.A. ~30g 3x effizienter

Die finale Entscheidung hängt von Ihrer spezifischen Lieferkette ab. Eine genaue Analyse Ihrer Transportströme unter Einbeziehung aller drei Modalitäten ist der Schlüssel zu einer wirklich optimierten und nachhaltigen Logistikstrategie.

Beginnen Sie noch heute damit, Ihre wichtigsten Transportrouten anhand dieser Kriterien zu bewerten. Fordern Sie von Ihren Logistikpartnern konkrete Vergleichsangebote für den kombinierten Verkehr an und nutzen Sie die hier präsentierten Daten, um den Wandel in Ihrem Unternehmen voranzutreiben.

Geschrieben von Marco Zürcher, Spezialist für Luft- und Seefracht sowie intermodale Verkehre. Fokus auf globale Lieferketten und Hafenlogistik.